Das OLG Karlsruhe hatte auch darüber zu befinden, ob der Nachfestsetzung der Einwand der Verwirkung entgegensteht. Dies hat das OLG verneint.
Der Kostenerstattungsanspruch verjährt gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB in 30 Jahren (s. BGH AGS 2007, 219 = RVGreport 2006, 233 [Hansens]). Deshalb ist eine Verwirkung des Kostenerstattungsanspruchs grundsätzlich nicht fernliegend, wenn zwischen dem Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses und dem Nachfestsetzungsantrag ein Zeitraum von rund 15 Jahren liegt.
a) Materiell-rechtlicher Einwand
Die Einrede der Verwirkung des Kostenerstattungsanspruchs ist ein materiell-rechtlicher Einwand, der – ebenso wie andere materiell-rechtliche Einwendungen – im Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig nicht zu prüfen ist (OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1228: nur wenn die Verwirkung offensichtlich ist; OLG Frankfurt a.M. AGS 2005, 20 mit Anm. N. Schneider; KG Rpfleger 1994, 385).
Dieser Auffassung hat sich hier das OLG Karlsruhe (a.a.O.) angeschlossen und die von den Beklagten erhobene Einrede der Verwirkung nicht berücksichtigt. Zur Begründung hat das OLG angeführt, das Kostenfestsetzungsverfahren diene lediglich dazu, den in der vollstreckbaren Entscheidung enthaltenen Kostenausspruch der Höhe nach zu beziffern. Deshalb seien materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon komme nur dann in Betracht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung unstreitig seien oder zweifelsfrei feststünden (so OLG Karlsruhe, OLG Frankfurt a.M. je a.a.O.).
b) Zeitmoment
Der Verwirkungstatbestand setzt zunächst den Zeitmoment voraus. Vorliegend hatte die Klägerin ihren Nachfestsetzungsantrag v. 17.5.2021, der später am 17.7.2021 berichtigt wurde, rund 15,5 Jahre nach ihrem ersten Kostenfestsetzungsantrag vom 6.12.2005 und gut 15 Jahre nach Erlass der beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse v. 10.2.2006 und 17.3.2006 eingereicht. Ob bei einem Zeitablauf von rund 15 Jahren vom Vorliegen des Zeitmomentes ausgegangen werden kann, hat das OLG Karlsruhe (a.a.O.) offengelassen. Das OLG Koblenz (AGS 2016, 251 = RVGreport 2016, 227 [Hansens]) hatte einen Zeitraum von 10 Jahren noch als unerheblich angesehen. Die das Zeitmoment begründenden Umstände können regelmäßig den Gerichtsakten entnommen werden und sind zudem zwischen den Parteien des Kostenfestsetzungsverfahrens meist unstreitig. Deshalb bedarf das Zeitmoment als ein Kriterium der Verwirkung keiner Aufklärung im Kostenfestsetzungsverfahren und könnte aus diesem Grund vom Rechtspfleger berücksichtigt werden.
c) Umstandsmoment
Anders ist dies jedoch beim Umstandsmoment. Ein Verwirkungstatbestand ist nur dann gegeben, wenn neben dem Zeitmoment auch das Umstandsmoment vorliegt. Im Rahmen des Umstandsmoments muss der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung davon ausgehen können, der Berechtigte werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen. Dabei muss diese Annahme auf dem Verhalten des Berechtigten beruhen. Außerdem erfordert der Umstandsmoment, dass der Verpflichtete sich aufgrund des Vertrauenstatbestandes so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen wird.
Für die Prüfung der Frage, ob das Vorliegen des Umstandsmoments bejaht bzw. verneint werden kann, bedarf es der Abwägung von Gesichtspunkten, die sich nur teilweise aus den Akten ergeben und jedenfalls – so auch im Fall des OLG Karlsruhe (a.a.O.) – nicht unstreitig sind. In jenem Fall waren die Beklagten durch das Berufungsurteil im Wege der Feststellung auch zum Ersatz künftigen materiellen Schadens verurteilt worden. Sie konnten bereits deshalb nicht davon ausgehen, nicht weiter in Anspruch genommen zu werden. Die Klägerin hatte mit ihrer sofortigen Beschwerde ferner darauf verwiesen, dass sie im Nachgang des ersten Rechtsstreits im Jahre 2016 einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten in einem weiteren Verfahren vor dem LG Baden-Baden geltend gemacht hätte. Dieses Verfahren sei erst im Jahr 2021 abgeschlossen worden. Hieraus konnten die Beklagten ersehen, dass die gesamte Angelegenheit noch nicht abgeschlossen war und sie noch mit einer abschließenden Kontrolle der Klägerin haben rechnen müssen, ob in den Verfahren wirklich sämtliche Kosten geltend gemacht worden seien, was geltend zu machen war. Die Klägerin hatte darauf hingewiesen, dass ihren Anwälten gerade anlässlich dieser Schlusskontrolle aufgefallen sei, dass sie eben noch nicht alle Kosten geltend gemacht hätte.
Angesichts dieses bis zum Jahre 2021 laufenden weiteren Rechtsstreits konnten die Beklagten nicht damit rechnen, dass sie wegen älterer Kostenerstattungsansprüche nicht noch in Anspruch genommen werden würden. Sie konnten im Hinblick auf das bis zum Jahr 2021 dauernde Verfahren zwischen den Parteien auch keine Vermögensdispositionen getroffen haben. Dies galt hier umso mehr, als für den hinter den Beklagten stehenden eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer sämtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien anlässlich der Behandlung...