Gemäß § 43b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung nur erlaubt, soweit diese über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die unabhängige, kollisionsfreie, eigenverantwortliche, gewissenhafte, sorgfältige und verschwiegene Tätigkeit des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege eine Einschränkung hinsichtlich seiner Werbemöglichkeiten rechtfertigt (BVerfG NJW 2004, 2656).
§ 43b BRAO soll das Vertrauen des Rechtsuchenden dahingehend stärken, dass Rechtsanwälte nicht aus Gewinnstreben zu Prozessen raten oder die Mandatsbearbeitung an Gebühreninteressen ausrichten (BVerfG NJW 2000, 3195; NJW 1988, 194, 195; ebenso Ahrens NJW 2000, 3188, 3189).
Hinweis:
Die Regelung des § 43b BRAO darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass dem Rechtsanwalt nur ausnahmsweise und aufgrund der Existenz von § 43b BRAO das Werben erlaubt ist. Vielmehr konkretisiert die BRAO lediglich die ohnehin verfassungsrechtlich garantierte Werbefreiheit des Rechtsanwalts und eröffnet nicht – wie dies nach dem Wortlaut von § 43b BRAO angenommen werden könnte – eine sonst nicht bestehende Werbemöglichkeit (BGH NJW 2001, 2087).
Dem Rechtsanwalt ist es aufgrund von Art. 12 Abs. 1 GG erlaubt, sich wie jeder selbständige Berufsträger mit werbenden Informationen an die Öffentlichkeit zu wenden (BVerfG NJW 1996, 3067; NJW 1992, 1613; NJW 1988, 194, 195). Auch ein Freiberufler hat ein berechtigtes Interesse daran, potenzielle Auftraggeber über seine Dienstleistung zu unterrichten, und muss berufsrechtlich auch die Möglichkeit hierzu erhalten (BGH NJW 2001, 2087, 2088; OLG Düsseldorf NJW 1992, 2833, 2835; BT-Drucks. 12/1993, S. 28). Der Rechtsanwalt hat zudem gem. Art. 5 GG ein Recht auf Meinungsäußerung. Dieses Grundrecht erstreckt sich nicht nur auf private Äußerungen, sondern auch auf solche, die er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit vornimmt (BVerfG NJW 2001, 591). Gleichermaßen hat das rechtsuchende Publikum ein Informationsinteresse an der angebotenen Dienstleistung des Rechtsanwalts (BVerfG NJW 2004, 2656, 2658; BGH NJW 2001, 2087, 2088). Zu der in Art. 12 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit gehört nicht nur die eigentliche berufliche Tätigkeit, sondern jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Zu einer berufsbezogenen Tätigkeit gehört daher auch die Außendarstellung des Berufsträgers, einschließlich der Werbung über die beruflichen Dienste (BVerfG NJW 2004, 3765; NJW 2000, 3195; DNotZ 1998, 69, 70; NJW 1997, 2510; NJW 1996, 3067; NJW 1992, 2341; BGH NJW 2001, 2087; Lorz NJW 2002, 169, 170).
Eine staatliche Beschränkung der Werbefreiheit des Rechtsanwalts stellt daher einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG dar (BVerfG NJW 2004, 2656, 2657; NJW 1996, 3067; NJW 1992, 2342; Lorz NJW 2002, 169, 170). Ein solcher Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (BVerfG NJW 2004, 3765; NJW 2004, 2656, 2657; BGH NJW 2001, 2087; NJW 2001, 1573, 1574; BVerwG NJW 2010, 547; Härting AnwBl. 2000, 343, 344) sowie einer Rechtfertigung durch ausreichende Gründe des Allgemeinwohls und muss zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfG NJW 2004, 3765; NJW 1996, 3067, 3068; NJW 1988, 194, 195; NJW 1986, 1533, 1534; NJW 1985, 964; 966; BGH NJW 2001, 2087; Menebröcker GRURPrax 2010, 189).
Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Bedingungen kann lediglich gemeinwohlschädliche Werbung, die geeignet ist, die Funktionsfähigkeit der Steuer- und Rechtspflege sowie die Interessen der Rechtsuchenden zu beeinträchtigen, verfassungskonform untersagt werden (BVerfG NJW 1996, 3067, 3069 hinsichtlich der Volksgesundheit für den Apotheker; ebenso BVerwG NJW 2010, 547, 548 für den Heilberuf des Zahnarztes; so wohl auch Härting AnwBl. 2000, 343, 345; Lorz NJW 2002, 169, 171). Das BVerfG hat in dem sog. Apothekerwerbebeschluss (BVerfG NJW 1996, 3067) Grundsätze festgelegt, an denen sich eine Werbebeschränkung des Freiberuflers messen lassen muss. Eine Werbebeschränkung ist nur dann zulässig, wenn die Werbung Gefahren für das Vertrauen der Bevölkerung zu der Berufsgruppe des Freiberuflers birgt. Die Berufsordnungen der einzelnen Berufsgruppen dürfen nicht pauschal ein Werbemedium verbieten, sondern müssen Raum für eine Prüfung der konkreten Werbung im Einzelfall lassen (BVerfG NJW 2004, 2656, 2658; NJW 2003, 3470, 3471; NJW 2002, 1331; NJW 1996, 3067, 3068; Busse NJW 1999, 3017, 3020; Koch, in: FS Erdmann 2002, S. 619; Lorz NJW 2002, 169, 171).
Hinweis:
§ 43b BRAO und § 6 Abs. 1 BORA legen daher nicht abschließend fest, mit welchen Informationen ein Rechtsanwalt werben darf. Es obliegt dem einzelnen Berufsträger im Rahmen des allgemeinen Werberechts, in welcher Weise er sich für das rechtsuchende Publikum darstellt, solange er sich in dem durch schützenswerte Gemeinwohlbelange gezogenen Rahmen bewegt (BVerfG NJW 2000, 3195, 3196).
Die Gretchenfrage wird...