Anfechtungsklage als statthafte Klageart
Der Anwaltssenat stellt klar, dass belehrende Hinweise einer Rechtsanwaltskammer i.S.v. § 73 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BRAO gegenüber ihren Mitgliedern, wenn mit einem Handlungsverbot verbunden, mit der Anfechtungsklage angreifbar sind. Hintergrund ist, dass ein solcher belehrender Hinweis einen, die Rechtsstellung des Rechtsanwalts betreffenden Verwaltungsakt darstellt.
Der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage stehe auch nicht entgegen, dass der belehrende Hinweis nicht vergangenes, sondern zukünftiges Verhalten des Rechtsanwalts zum Gegenstand habe. Der Anwaltssenat grenzt überzeugend ab, dass bloße Auskünfte der Rechtsanwaltskammern über die Rechtmäßigkeit zukünftigen Verhaltens des Rechtsanwalts grundsätzlich nicht mit der Anfechtungsklage angreifbar seien. Dies erkläre sich dadurch, dass diese Auskünfte keine Schuld feststellen und damit nicht in die Rechte des Rechtsanwalts eingreifen würden. Anders verhielte es sich allerdings bei den streitgegenständlichen belehrenden Hinweisen. Der Anwaltssenat stellt zu Recht fest, dass die Bescheide über solche präventiven Auskünfte hinausgingen. Vielmehr stellen diese die streitgegenständlichen Aufdrucke zu Werbezwecken als rechtwidrig fest und sprechen konkrete Verbote in der Gestalt eines Unterlassens aus. Es werde aus den Bescheiden deutlich – so der Anwaltssenat –, dass sich die beklagte Rechtsanwaltskammer im Vorgriff auf eine bei Zuwiderhandlung des Klägers gegen die Verbote ohne weiteres erfolgende Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine verbindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt habe. Zudem stellt der Anwaltssenat fest, dass die Bescheide auch formal gesehen einem Verwaltungsakt entsprechen, da diese mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und zudem förmlich zugestellt worden seien.
Nach Ansicht des Anwaltssenats verstoßen die streitgegenständlichen Werbeaufdrucke zudem gegen § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA und sind mit dem berufsrechtlichen Gebot der sachlichen und berufsbezogenen Werbung nicht vereinbar.
Der BGH stellt richtigerweise darauf ab, dass das in § 43b BRAO, § 6 BORA normierte berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit i.S.v. Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dass die Rechtsanwaltschaft aufgrund des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden dürfe, die in dem Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft noch hinzunehmen sei. Ebenso sei – so der Anwaltssenat – diese Beschränkung der Werbefreiheit im berufsrechtlichen Schrifttum weitgehend anerkannt.
Dem BGH ist darin zu folgen, dass die werberechtlichen Vorschriften des anwaltlichen Berufsrechts dem Zweck der Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit und der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege dienen. Richtigerweise ist mit der Stellung des Rechtsanwalts eine Werbung im Interesse des rechtsuchenden Publikums nicht vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Rechtsanwalts und dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen des Mandatsverhältnisses nichts mehr zu tun hat.
Der Anwaltssenat stellt klar, dass es dem Rechtsanwalt zwar nicht verwehrt sei, für seine Werbung Bilder oder Fotografien sowie Gegenstände wie Tassen als Werbeträger zu verwenden und auch Ironie und Sprachwitz als stilistische Mittel zu gebrauchen. Die Grenzen der zulässigen Werbung seien aber überschritten, wenn die Werbung, gerade durch ihre reißerische und/oder sexualisierende Ausgestaltung, darauf abziele, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt werde oder gar nicht mehr zu erkennen sei. Der Anwaltssenat führt aus, dass derartige Werbemethoden geeignet seien, die Aufgabe der Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachverwalterin der Interessen der Rechtsuchenden zu schädigen.
Sodann beschäftigt sich der Anwaltssenat vertieft mit den drei streitgegenständlichen Werbeabdrucken. Zu der ersten Abbildung mit der Aufschrift "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1631 Abs. 2 BGB)" führt der Anwaltssenat überzeugend aus, dass für sich genommen der Text einen gewissen Informationsgehalt aufweise und als solches in einer anwaltlichen Werbung nicht zu beanstanden sei. Der Anwaltssenat verkennt damit nicht, dass das BVerfG das Merkmal der Berufsbezogenheit anwaltlicher Werbung sehr weit auslegt. Beispielsweise ist bereits bei der Bekanntgabe von Sponsoringaktivitäten des Rechtsanwalts die Berufsbezogenheit der Werbung gegeben (BVerfG NJW 2000, 3195 ff.; Ahrens NJW 2000, 3188 ff.). Er stellt im Ergebnis allerdings einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot fest. Der Blickfang der Abbildung sei – so der Anwaltssenat – die realistische Darstellung des Verprügelns eines Kind...