Anlässlich seines diesjährigen Jahrespressegesprächs hat das BVerwG seine Bilanz für das abgelaufene Jahr vorgestellt. Danach ist die Zahl der Verfahren 2014 gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. In Leipzig sind im vergangenen Geschäftsjahr insgesamt 1.372 Verfahren anhängig gemacht worden, was einer Abnahme von 5,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2013 entspricht. Damit hat sich die schon in den Vorjahren zu verzeichnende rückläufige Tendenz der Eingänge fortgesetzt.
Die Dauer der Verfahren hat sich gegenüber 2013 leicht erhöht: Die durch Urteil entschiedenen Revisionsverfahren waren im Durchschnitt 13 Monate und 25 Tage anhängig (Vorjahr: 13 Monate und neun Tage). Bei den Beschwerdeverfahren war dagegen eine geringfügige Beschleunigung zu verzeichnen: Durchschnittlich betrug hier die Verfahrensdauer vier Monate und 16 Tage (gegenüber vier Monaten und 18 Tagen im Vorjahr).
Die sinkenden Eingangszahlen hat der Haushaltsgesetzgeber bereits zum Anlass genommen, dem Gericht eine Richterstelle zu streichen – im laufenden Jahr muss das BVerwG mit 55 Richtern auskommen. Gerichtspräsident Klaus Rennert verwies demgegenüber darauf, dass die Arbeitsbelastung der Richterinnen und Richter sowie der nichtrichterlichen Beschäftigten keineswegs gesunken sei; denn die Komplexität der einzelnen Verfahren – insbesondere auch wegen der Einflüsse des europäischen Unionsrechts – nähmen beständig zu.
Besonders groß sei die Belastung durch erstinstanzliche Verfahren des Gerichts zu Infrastrukturvorhaben wie Fernstraßen, Schienenwege, Wasserstraßen und Energieleitungen. Hier seien 2014 zwar "nur" 22 Klagen eingegangen – ebenso viele wie im Vorjahr –, doch seien diese Sachen überaus arbeitsaufwendig. Nehme man Verfahren zu Flughäfen hinzu, für die das BVerwG als Rechtsmittelgericht zuständig sei, dann stelle man fest, dass diese Großverfahren etwa 30 Prozent der gesamten Richterarbeitskraft des Gerichts beanspruchten.
Anlass zur Sorge bereitet dem Gericht der erneute Rückgang der zum BVerwG eingelegten Rechtsmittel (Beschwerden, Revisionen). Das Gericht könne, so Präsident Rennert, seine gesetzliche Aufgabe, die Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht zu vereinheitlichen und fortzuentwickeln, nur verlässlich erfüllen, wenn eine genügende Anzahl von Fällen es auch erreiche. Gemessen hieran sei die Zahl der Fälle aus vielen Rechtsgebieten zu gering, etwa aus dem Asylrecht. Eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung bleibe dann aus, worunter auch die Rechtssicherheit leide.
Hinzu komme, dass der Gesetzgeber auch 2014 keine Anstalten gemacht habe, die übermäßige Zersplitterung der Rechtswege zu bereinigen. Es erweise sich immer wieder als nachteilig, dass etwa für das Verwaltungsrecht in Deutschland nicht nur die Verwaltungsgerichte, sondern in großem Umfang auch die Zivilgerichte und teils auch die Sozial- und die Finanzgerichte zuständig seien.
Eine Initialzündung zur Rechtswegebereinigung könne aber künftig von dem Erlass eines Staatshaftungsgesetzbuchs ausgehen, das die Regierungsfraktionen im Koalitionsvertrag im Herbst 2013 angekündigt hätten. Denn dringlich sei nicht nur die Kodifikation und Modernisierung des materiellen Staatshaftungsrechts, das in seinem gegenwärtigen Zustand "eines Rechtsstaats unwürdig" sei, sondern auch eine Beseitigung des gegenwärtigen Zwangs für den Bürger, nacheinander zwei Prozesse zu führen, zunächst gegen den schadenverursachenden Hoheitsakt (zumeist bei den Verwaltungsgerichten) und sodann auf den Ersatz des verursachten Schadens selbst (bei den Zivilgerichten).
[Quelle: BVerwG]