Im laufenden Mietvertrag bezieht sich das Widerrufsrecht auf die jeweilige Vertragsänderung; der Rest des Vertrags bleibt unberührt. Grundvoraussetzung für das Entstehen des Widerrufsrechts ist allerdings, dass der Vertragsänderung eine entsprechende Parteivereinbarung zugrunde liegt, denn §§ 312b und 312c BGB beschränken sich auf Verträge. Hat die Vertragsänderung ihre Ursache hingegen in einer einseitigen Vertragsgestaltung, kommt ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB nicht in Betracht. Mit Blick auf die verschiedenen im Mietrecht typischerweise vorkommenden Vertragsänderungen ist also zu differenzieren. Während das Gesetz in bestimmten Fällen die Einflussnahme auf den laufenden Mietvertrag durch einseitige Gestaltungserklärungen vorsieht, sind andere Änderungen nur durch vertragliche Vereinbarung möglich, wobei die Zustimmung des Mieters gegebenenfalls durch Urteil ersetzt werden kann.
Hinweis:
Zu den einseitigen Vertragsgestaltungen, welche unproblematisch nicht vom Widerrufsrecht erfasst werden, zählen neben der Änderung des Abrechnungsmaßstabes für die Betriebskosten (verbrauchsunabhängig/verbrauchsabhängig) durch den Vermieter gem. § 556a Abs. 2 BGB (Blank in: Börstinghaus/Blank, § 556a Rn. 45), insbesondere die Mieterhöhung bei Modernisierung nach § 559 Abs. 1 BGB (MüKo-BGB/Artz, § 559 Rn. 1) und die Erhöhung der Betriebskostenpauschale durch den Vermieter gem. § 560 Abs. 1 BGB (Schmidt-Futterer/Langenberg, § 560 Rn. 3).
Vertragsmodifikationen, die mittels einfacher Vereinbarung herbeigeführt werden, sind hingegen unproblematisch vom Anwendungsbereich der Besonderen Vertriebsformen erfasst. Das Gesetz nennt in § 557 Abs. 1 BGB die Mieterhöhungsvereinbarung und in § 555f Nr. 3 BGB die Modernisierungsvereinbarung. Sinn und Zweck der Kodifizierung dieser Möglichkeiten ist die Klarstellung, dass trotz der zahlreichen halbzwingenden Regelungen im Wohnraummietrecht im laufenden Vertragsverhältnis Privatautonomie herrscht (MüKo-BGB/Artz, § 557 Rn. 24; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555f Rn. 1). Insofern kommt den Regelungen lediglich deklaratorische Wirkung zu. Trifft der Wohnungsunternehmer mit dem Wohnraummieter unter den situativen Voraussetzungen des §§ 312b oder 312c BGB derartige Vereinbarungen, steht dem Wohnraummieter ein Widerrufsrecht zu, wobei schon hier darauf hinzuweisen, dass die Merkmale des § 312c (Fernabsatzgeschäft) im Einzelfall in aller Regel gerade nicht vorliegen.
Fraglich ist jedoch, wie es sich in den Fällen verhält, in denen der Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsänderung hat. Diese Frage stellt sich bzgl. § 558 Abs. 1 BGB, wonach der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann. Sinn und Zweck der Ausgestaltung in dieser Form ist die Kompensation des Verbots der Änderungskündigung in § 573 Abs. 1 S. 2 BGB (MüKo-BGB/Artz, § 558 Rn. 3). Die Norm räumt dem Vermieter einen Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Mieter ein (MüKo-BGB/Artz, § 558 Rn. 1). Sofern der Mieter die Zustimmung erklärt, erfolgt die Modifikation des laufenden Mietvertrags ebenfalls durch einen Änderungsvertrag (Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, § 558a Rn. 2). Insoweit steht der Widerruflichkeit grundsätzlich nichts entgegen. Fraglich ist lediglich, ob sich etwas anderes daraus ergibt, dass der von § 558 Abs. 1 BGB verfolgte Interessenausgleich durch die Möglichkeit des Widerrufs der Zustimmung gefährdet werden könnte oder deshalb eine andere Beurteilung geboten ist, weil die Abgabe der Willenserklärung auch durch Urteil ersetzt werden kann (s. dazu sogleich unter III. 2. d).