Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen bleibt festzuhalten: Schon die Mitteilung des Schuldners sein Unternehmen sanieren zu müssen, liefert dem Insolvenzverwalter in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren die nötigen Ansatzpunkte, um seiner Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gerecht zu werden. Um aus der drohenden Anfechtbarkeit herauszukommen, muss der Rechtsberater des Gläubigers prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, den Nachweis der Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners zu widerlegen. Insoweit muss er sich vergegenwärtigen, dass es nach der Rechtsprechung des BGH Sache des Gläubigers ist, die Voraussetzungen der Anfechtung zu widerlegen. Dazu kann er versuchen, darzulegen und zu beweisen, dass der Schuldner in der Zeit zwischen der anfechtbaren Rechtshandlung und dem Insolvenzereignis seine Zahlungsfähigkeit wiedererlangt hat und der nunmehr eingetretene Insolvenzgrund nichts mit der früheren Zahlungsunfähigkeit zu tun hat. Hierfür muss er allerdings beweisen können, dem Schuldner sei es in der Zwischenzeit nicht nur ganz vorübergehend möglich gewesen, sämtliche Gläubiger vollständig zu befriedigen. Waren Ratenzahlungen vereinbart, gehört zu dem Nachweis zum einen, dass die vereinbarten Raten gezahlt sind. Darüber hinaus muss der Schuldner aber auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedient haben (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 188; Urt. v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, ZInsO 2007, 819 Rn 23; Urt. v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn 24 ff.; Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn 18; Urt. v. 24.3.2016, ZInsO 2016, 919 Rn 11; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn 135).
Praxishinweis:
Bei der anwaltlichen Beratung ist davon auszugehen, dass dieser Beweis regelmäßig nicht zu führen ist. Außerdem ist zu dem Zeitpunkt, zu dem es um die Frage der Zustimmung zu einem Sanierungsvorschlag geht, regelmäßig nicht zu beurteilen, ob der Schuldner in Zukunft tatsächlich seine Zahlungsfähigkeit wiedererlangt.
Dem Gläubiger bleibt damit in der Praxis regelmäßig nur die Möglichkeit, sich zu entlasten, indem er den Nachweis führt, Zahlungen nach Ankündigung der Sanierung auf der Grundlage eines schlüssigen und erfolgreichen Sanierungskonzeptes erlangt zu haben (BGH, Urt. v. 12.5.2016 – IX ZR 65/14, ZInsO 2016, 1251). Auf die damit verbundene Unkenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, welche er aufgrund der Sanierungsmittelung zunächst erlangt hatte, kann der Gläubiger sich nur stützen, wenn er nachweist, dass er von einem schlüssigen Sanierungskonzept ausgehen durfte, welches Aussicht auf Erfolg hatte. Gelingt ihm dieser Nachweis, kann er geltend machen, die an ihn im Rahmen der Sanierung erbrachten Leistungen des Schuldners, seien von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet gewesen, der das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger in den Hintergrund treten lasse. Ist dieser Nachweis nicht möglich, weil der Gläubiger keine ausreichenden Kenntnisse von dem Sanierungskonzept des Schuldners hat, muss er unweigerlich die Leistung gem. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO an die Insolvenzmasse zurückgewähren.
Praxishinweis:
Der Rechtsberater hat also die Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts nach Maßgabe der Entscheidung des BGH vom 12.5.2016 (IX ZR 65/14, ZInsO 2016, 1251) zu prüfen; sind diese mangels ausreichender Informationen nicht nachvollziehbar oder lassen die Angaben keine hinreichende Erfolgsaussicht erkennen, hat er dem Gläubiger schon im Hinblick auf das Gebot des sichersten Weges von der Zustimmung abzuraten.