Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat kürzlich Reformvorschläge für den nachehelichen Ehegattenunterhalt formuliert, mit denen er die Hoffnung auf ein einfacher strukturiertes, überschaubares und planbares Unterhaltsrecht verbindet. Wesentliche Bausteine der DAV-Initiative, die inzwischen auch dem Bundesjustizministerium sowie den zuständigen Ausschüssen des Bundestags zugeleitet wurde, sind die Beschränkung auf drei Unterhaltstatbestände, die Unterhaltsbemessung je nach Legitimation des einzelnen Unterhaltsanspruchs und die Verankerung einer Beschränkung im Sinne einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts.
Das derzeitige, seit 1976 mehrfach reformierte Unterhaltsrecht in Deutschland, so die Begründung des Vereins, leide an Schwächen und Widersprüchen, die ein reformiertes Unterhaltsrecht beseitigen sollte. Im Grundsatz gehe es hierbei um fünf Themenbereiche:
- der Grundsatz der Eigenverantwortung werde statuiert, gleichzeitig aber durch ein nahezu lückenloses Netz von Unterhaltsansprüchen wieder aufgehoben;
- der Betreuungsunterhalt ergebe sich aus zwei unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen, die danach unterschieden, ob die Eltern des zu betreuenden Kindes verheiratet seien oder nicht (§§ 1570 und 1615l BGB) und die asymmetrisch ausgestaltet seien, obwohl der partnerschaftliche Status aus dem Blickwinkel des zu betreuenden Kindes für die Frage des Betreuungsunterhalts irrelevant sei;
- die sog. Lebensstandardgarantie sei zwar durch die letzten Reformen deutlich eingeschränkt worden, als Leitprinzip könne sie jedoch den Anforderungen eines modernen Unterhaltsrechts nicht genügen. In verschiedenen Unterhaltsvorschriften und auch in Teilen der Rechtsprechung herrsche das Garantiedenken noch vor;
- die gegenwärtige Regelung sei mit Billigkeitsvorschriften überfrachtet, auf die im Interesse einer zuverlässigen Planbarkeit soweit wie nur irgend möglich verzichten werden sollte;
- das Unterhaltsrecht sei inzwischen für den Rechtsanwender zu komplex geraten und auch für die Praxis schwer vermittelbar.
Der DAV schlägt in seiner Initiative nun vor, das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit zu stärken und die Unterhaltsansprüche zu begrenzen. In Zukunft solle es im Unterhaltsrecht nur noch drei Tatbestände geben: einen universellen Betreuungsunterhalt, den Kompensationsunterhalt sowie einen Übergangsunterhalt. Entfallen sollen demnach die bisherigen Unterhaltstatbestände des Verlängerungsunterhalts, des Altersunterhalts, des Unterhalts wegen Krankheit oder Gebrechen und auch die Unterhaltstatbestände wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockung sowie letztlich die weiteren Unterhaltstatbestände nach §§ 1575, 1576 BGB, die in der Praxis bedeutungslos geblieben seien.
Der Unterhalt solle zudem strikt zeitlich begrenzt werden. Der Vorschlag befürwortet eine stringentere Anbindung der Begrenzung eines Unterhaltsanspruchs an die jeweilige Bedürfnislage und den Verzicht auf allein dem Ermessen des Familienrichters überantwortete Billigkeitsentscheidungen.
Der DAV schlägt zudem ein neues Konsensmodell vor, welches den Kindesunterhalt mit einbezieht und die beteiligten Eheleute verpflichtet, in einem frühen Stadium der Trennung eine Einigung über Ehegatten- und Kindesunterhalt zu finden. So sollen die Ehegatten vor Einleitung eines Verfahrens über Kindes-, Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt jeweils den Nachweis führen, dass eine Einigung gescheitert ist. Das Gericht solle im ersten Termin auf eine einvernehmliche Regelung der Ehegatten nach dem gesetzlichen Modell gem. § 156 FamFG hinwirken – mit der flankierenden Möglichkeit, dass das Gericht im Wege einer einstweiligen Anordnung eine rasche Regelung treffen kann. So würden auch Stufenverfahren im Unterhaltsrecht abgekürzt, die in der Praxis häufig mit einer unnötig langen Verfahrensdauer verbunden seien und die getrenntlebenden Ehegatten für diese Zeit in einem regelungslosen Zustand zurückließen.
Insgesamt, so der DAV, ziele seine Initiative auf eine Weiterentwicklung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach einer Ehescheidung und auf eine Gleichstellung der betreuenden Elternteile ehelich und nichtehelich geborener Kinder ab. Zudem vereinfache er das derzeitige Unterhaltsrecht erheblich.
[Quelle: DAV]