1. Überblick
Im erstinstanzlichen Verfahren vor den Sozialgerichten richtet sich die fiktive Terminsgebühr nach Anm. S. 1 zu Nr. 3106 VV RVG.
Danach entsteht eine Termingsgebühr, wenn
Die Höhe der Terminsgebühr ist in diesen Fällen gem. Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV RVG mit 90 % der jeweiligen Verfahrensgebühr festgeschrieben (s.u. 8.).
2. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Einverständnis der Parteien
Voraussetzung dieser Variante ist zunächst, dass im zugrunde liegenden Verfahren eine eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzung ist in allen erstinstanzlichen gerichtlichen Erkenntniserfahren vor den Sozialgerichten grundsätzlich gegeben, § 124 Abs. 1 SGG. Wird hier im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 SGG), so entsteht nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG eine Terminsgebühr.
Beispiel 1: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (I)
Über die Anfechtungsklage wird im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Da im Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 124 Abs. 1 SGG), entsteht nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG eine Terminsgebühr. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich gem. Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV RVG auf 90 % der Verfahrensgebühr (s.u. 8.). Geht man hinsichtlich der Verfahrensgebühr von der Mittelgebühr aus, ergibt sich folgende Berechnung:
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
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300,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG |
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270,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
590,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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112,10 EUR |
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Gesamt |
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702,10 EUR |
Ungeachtet des § 124 Abs. 2 SGG gibt es jedoch Verfahrenssituationen, in denen das Gericht auch ohne Zustimmung der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Das ist in allen Fällen gegeben, in denen das Gericht im Beschlusswege entscheiden kann (§ 124 Abs. 3 SGG). Hauptanwendungsfall ist hier die Entscheidung über die Kosten, wenn sich ein Verfahren anders als durch Urteil erledigt hat (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG). In diesem Fall entsteht keine Terminsgebühr, allerdings nicht – wie es fälschlicherweise immer wieder begründet wird –, weil eine mündliche Verhandlung im Verfahren nicht vorgeschrieben sei, sondern weil hier die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht der Zustimmung der Parteien bedarf, sondern das Gericht auch ohne Zustimmung der Parteien von der mündlichen Verhandlung absehen kann.
Beispiel 2: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (II)
Nach Erledigung des Verfahrens entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens ohne mündliche Verhandlung.
Da über die Kosten des Verfahrens nach § 193 Abs. 1 S. 3 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 124 Abs. 3 SGG), bedarf es insoweit nicht der Zustimmung der Parteien. Daher entsteht keine Terminsgebühr, sondern nur die Verfahrensgebühr.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
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300,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
320,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
|
60,80 EUR |
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Gesamt: |
|
380,80 EUR |
3. Abschluss eines schriftlichen Vergleichs
Bis zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG war umstritten, ob die Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren in analoger Anwendung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG anfallen konnte, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wurde. Der Gesetzgeber hatte zunächst eine der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG entsprechende Regelung in Nr. 3106 VV RVG vergessen. Mit der Neufassung der Anm. S. 1 Nr. 1 zu 3106 VV RVG durch das 2. KostRMoG ist diese Streitfrage jetzt dahingehend geklärt, dass die Terminsgebühr anfällt.
Auch hier ist Voraussetzung, dass im Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Es gilt hier insoweit das gleiche wie für die Entscheidung in schriftlichen Verfahren.
Beispiel 3: Abschluss eines schriftlichen Vergleichs (I)
Im gerichtlichen Verfahren wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen und dessen Zustandekommen nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG festgestellt. Zu einem gerichtlichen Termin kommt es daher nicht mehr. Außergerichtliche Besprechungen hatten nicht stattgefunden.
Der Anwalt erhält nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG neben der Verfahrens- und der Einigungsgebühr auch eine Terminsgebühr. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich wiederum nach Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV RVG auf 90 % der Verfahrensgebühr (s.u. 8.). Die Einigungsgebühr beläuft sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr (Nr. 1006 VV RVG). ...