1. Verwertung bei verjährter Gegenforderung
Zu den größten Irrtümern im Mietrecht zählt sicher auch die Frage, wann der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution fällig wird. Anders als vor allem in der Laiensphäre geglaubt wird, gibt es hier keine starren Fristen, z.B. nach sechs Monaten. Bei der Verpfändung eines Sparbuchs steht dem Mieter ein Anspruch auf Freigabe der Sicherheit und Rückgabe des Sparbuchs sowohl aus §§ 1273, 1223 Abs. 1 BGB sowie aus der regelmäßig stillschweigend abgeschlossenen Sicherungsabrede zu. Dieser Anspruch wird allerdings erst dann fällig, wenn das Sicherungsbedürfnis entfallen ist. Dies kann frühestens nach Beendigung des Mietverhältnisses und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist des Vermieters sein. Voraussetzung für die Fälligkeit ist in jedem Fall, dass dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis gegen den Mieter zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH GE 2016, 1146 = DWW 2016, 291 = WuM 2016, 620 = NJW 2016, 3231 = NZM 2016, 762 = ZMR 2016, 768 = MDR 2016, 1323 = MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 18 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 17/2016 Anm. 4; Ludley NZM 2016, 764; Beyer jurisPR-MietR 22/2016 Anm. 3; Burbulla MietRB 2016, 311; Drasdo NJW-Spezial 2016, 675; Staake LMK 2016, 384205).
In solchen Verfahren taucht nicht selten die Frage auf, ob der Vermieter die Mietsicherheit auch wegen eventuell verjährter Forderungen verwenden darf. Für die Barkaution ist dies in § 215 BGB geregelt. Danach schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts dann nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Deshalb ist hier regelmäßig eine Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber verjährten Schadensersatzansprüchen oder Nachzahlungsansprüchen aus einer Betriebskostenabrechnung möglich.
Problematischer ist es dann, wenn der Mieter dem Vermieter ein Sparbuch verpfändet hat. In diesem Fall gilt § 216 BGB. § 216 Abs. 1 BGB geht im Grunde von der gleichen Situation wie § 215 BGB aus. Denn die Verjährung eines Anspruchs, für den eine Hypothek, eine Schiffshypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Gläubiger auch nicht, seine Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand zu suchen. Danach hätte der Vermieter sich aus der Mietsicherheit trotz der eingetretenen Verjährung befriedigen dürfen. Jedoch enthält § 216 Abs. 3 BGB für "wiederkehrende Leistungen" eine abweichende Regelung. Danach ist nämlich § 216 Abs. 1 BGB auf solche Ansprüche gerade nicht anzuwenden.
Der BGH (GE 2016, 1146 = DWW 2016, 291 = WuM 2016, 620 = NJW 2016, 3231 = NZM 2016, 762 = ZMR 2016, 768 = MDR 2016, 1323 = MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 18 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 17/2016 Anm. 4; Ludley NZM 2016, 764; Beyer jurisPR-MietR 22/2016 Anm. 3; Burbulla MietRB 2016, 311; Drasdo NJW-Spezial 2016, 675; Staake LMK 2016, 384205) hat nunmehr entschieden, dass es sich auch bei einer Betriebskostennachzahlungen um eine "wiederkehrende Leistung" i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB handele. Dabei handele es sich um solche Leistungen, die nach Gesetz oder Parteivereinbarung zu von vorneherein bestimmten regelmäßig wiederkehrenden Terminen erbracht werden müssen. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung in der immer gleichen Summe zu erbringen ist. Zu den periodisch zu leistenden Zahlungen des Mieters gehörten nach Ansicht des VIII. Senats aber nicht nur die Grundmiete, sondern auch die Vorauszahlungen auf die für das jeweilige Jahr zu erwartenden Betriebskosten nach § 556 Abs. 2 S. 1 BGB inkl. der Salden aus den Abrechnungen. Der Abrechnungsvorgang als solcher stelle den Charakter der sich aus ihm ergebenden Zahlung als wiederkehrende Leistung nicht in Frage. Der Betriebskostenjahresabrechnung komme kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu. Die Jahresabrechnung sei vielmehr ein reiner Rechenvorgang i.S.d. § 259 BGB, der lediglich die Fälligkeit des Nachforderungsanspruchs herbeiführe. Die Betriebskostenjahresabrechnung sei somit nicht rechtsbegründend für den Leistungsanspruch. Der Anspruch sei vielmehr schon mit der Abwälzung der Betriebskosten im Mietvertrag dem Grunde nach entstanden.
Die ständig wiederholte These des BGH, dass eine Betriebskostenabrechnung nur einen Rechenvorgang darstelle, ist mit den Rechtsfolgen der Einwendungsausschlussfrist nur schwer zu vereinbaren. Nach Ablauf der Frist kann eine Forderung entstehen, die es so bisher gar nicht gab, also z.B. wenn in die Abrechnung Positionen aufgenommen wurden, die entweder im konkreten Mietvertrag gar nicht umgelegt wurden oder die begrifflich gar nicht Betriebskosten sein können. Aus einem reinen Rechenwerk wird man solche Ansprüche kaum ableiten können. Eine Abrechnung ist deshalb zumindest teilweise auch anspruchsbegründend.
Hinweise:
Fraglich ist, welche Auswirkungen die Qualifikation einer Betriebskostennachzahlung als "wiederkehrende Leistung" auf deren Berücksichtigung bei der Ermittlung ...