1. Grundsatz
Eine Drittwiderklage ist grundsätzlich unzulässig, wenn sie sich ausschließlich gegen einen am Prozess bislang nicht beteiligten Dritten richtet (BGHZ 40, 185, 187 f.; BGHZ 147, 220, 221 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 7.2.2013 – IX ZR 186/11). Eine unzulässige Drittwiderklage hat der BGH 2014 in der Geltendmachung von Ansprüchen gesehen, die auf verschiedenen Vertragsverhältnissen beruhen (BGH NJW 2014, 1670).
2. Ausnahmen
Es gibt allerdings von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmen, in denen eine isolierte Drittwiderklage doch zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die isolierte Drittwiderklage unter den nachfolgenden Bedingungen möglich:
- Es muss ein tatsächlich und rechtlich enger Zusammenhang zu der Klage bestehen. Der Sinn der Prozessökonomie ist nur erfüllt, sofern die Ansprüche in einem solchen Zusammenhang stehen.
- Durch das Rechtsinstitut der Widerklage soll die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen vermieden werden und zusammengehörende Ansprüche sollen einheitlich verhandelt und entschieden werden können. Entscheidend sind also die enge Verknüpfung des Gegenstands der Klage mit dem Gegenstand der Drittwiderklage und die fehlende Beeinträchtigung schützenswerter Interessen des Drittwiderbeklagten (BGH, Urt. v. 13.3.2007 – VI ZR 129/06; BGH NJW 2014, 1670).
- Es müssen die Voraussetzungen der nachträglichen subjektiven Klagehäufung vorliegen (§§ 263 ff. ZPO).
- Wenn eine isolierte Drittwiderklage zulässig ist, ist auch das Prozessgericht entsprechend § 33 ZPO zuständig (BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – Xa ARZ 191/10, Rn 4).
3. Beispiele
Eine isolierte Drittwiderklage ist zulässig:
- gegen den Gesellschafter einer klagenden Gesellschaft, wenn das auf die Drittwiderklage ergehende Urteil für die Gesellschaft verbindlich ist und damit für die Zahlungsklage vorgreiflich sein kann (BGHZ 91, 132, 135);
- wenn sich der Gegenstand der Drittwiderklage mit dem Gegenstand der hilfsweise gegenüber dem Kläger zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung deckt (BGH NJW 2001, 2094);
- wenn die abgetretene Klageforderung und die mit der Drittwiderklage geltend gemachte Forderung auf einem einheitlichen Schadensereignis beruhen, z.B. bei der rechtlichen Aufarbeitung von Verkehrsunfällen (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 33 Rn 21).
Beispiel:
Eigentümer A des von Fahrer B gelenkten Pkw verklagt aus ihm vom Fahrer B abgetretenen Recht in einem Rechtstreit aufgrund eines Verkehrsunfalls den Fahrer X, den Halter Y und die Versicherung Z des anderen am Unfall beteiligten Fahrzeugs. Dabei wird die Sachdienlichkeit bezüglich der Versicherung Z jedenfalls aufgrund der Gesamtschuldnerschaft der Haftpflichtversicherung mit dem Schädiger nach § 115 Abs. 1 VVG angenommen. Beweis für den Unfallhergang können Fahrer B und Fahrer X geben, weitere Zeugen existieren nicht. Damit ist der Fahrer X, der neben B allein Auskunft geben kann, in der Beklagtenposition und fällt als Zeuge aus. Nun wird aber Fahrer X isolierte Drittwiderklage gegen Fahrer B erheben. Dadurch entfällt für B die Zeugenposition, da er nunmehr ebenfalls als Beklagter gehört werden muss.
Da es um gegenseitige Ansprüche aus einem Unfallereignis ging und B seine Forderung an den Kläger abgetreten hatte, ist die isolierte Drittwiderklage gegen den Zedenten als zulässig angesehen worden (BGH NJW 2007, 1753). Dabei ist kein schutzwürdiges Interesse des Drittwiderbeklagten dadurch gegeben, dass er seine Zeugenstellung im Prozess verliert (BGH NJW 2001, 2094).
Des Weiteren ist eine isolierte Drittwiderklage zulässig
- gegen den Zedenten der Klageforderung, die mit der Feststellung beantragt wird, dass ihm keine Ansprüche zustehen (BGH, Urt. v. 13.6.2008 – V ZR 114/07);
- gegen den Zedenten, wenn die Forderung an eine Verrechnungsstelle zum Inkasso abgetreten worden war (BGHZ 147, 220, 223);
- gegen den (nur) materiell Berechtigten, wenn die Geltendmachung des eingeklagten Rechts in gewillkürter Prozessstandschaft erfolgt (Musielak/Voit/Heinrich, a.a.O., § 33 Rn 27).
4. Exkurs: Besonderer Gerichtsstand des Zedenten als Drittwiderbeklagter
Gemäß der neueren Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 30.9.2010 – Xa ARZ 191/10) ist die Vorschrift des § 33 ZPO entsprechend auf die Drittwiderklage anwendbar, sofern sich diese gegen den bisher nicht am Verfahren beteiligten Zedenten der Klageforderung richtet. Der besondere Gerichtsstand des § 33 ZPO hat seinen Grund darin, dass bei Bestehen eines Sachzusammenhangs die Verfahrenskonzentration gefördert und zugleich ein prozessuales Gleichgewicht hergestellt werden soll (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 33 Rn 1 m.w.N.).
Zwar dienen die Regeln der §§ 12 ff. ZPO grundsätzlich dem Schutz des Beklagten, denn die gegen ihn gerichtete (Drittwider-)Klage wäre ggf. aufgrund der isoliert betrachteten örtlichen Unzuständigkeit der Drittwiderklage unzulässig. In dem hier betrachteten Fall muss aber die Drittwiderklage nicht an dem Wohn- oder Geschäftssitz des Drittwiderbeklagten erhoben werden. Denn hier kann der Drittwiderkläger seine Gegenansprüche in einem laufenden Verfahren an dem Prozessort der Klage geltend machen: Der Kläger hat den Beklagten...