§ 1578b BGB stellt insbesondere darauf ab, ob ehebedingte Nachteile im Hinblick darauf eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt selbst sorgen zu können, und ob diese einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen (BGH FamRZ 2007, 793; FamRZ 2006, 1006; NJW 2007, 839, 841 = FamRZ 2007, 200).
Praxishinweise:
- Abzustellen ist dabei auf das – fiktive – Einkommen der Unterhaltsberechtigten in ihrem – fiktiven – Lebensverlauf als ledige und kinderlose Erwerbstätige in ihrem gelernten und früher ausgeübten Beruf.
- Maßgeblich ist das hypothetische (Netto-)Einkommen, das sie ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Es ist fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln (BGH NJW 2013, 528).
a) Vorliegen eines ehebedingten Nachteils
aa) Voraussetzung
Ehebedingte Nachteile liegen folglich vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH FamRZ 2010, 538; FamRZ 2009, 406; FamRZ 2008, 582, 586).
Praxishinweise:
- Zur Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist umfassender anwaltlicher Sachvortrag zu den Umständen des Einzelfalls erforderlich.
- In der anwaltlichen Beratung im Vorfeld muss der Mandant entsprechend informiert und die erforderlichen Sachverhaltsangaben müssen erfragt werden.
- Der Lebenslauf des Unterhaltsberechtigten muss abgeklärt werden, um eine Befristung mit möglichst vielen Fakten als unbillig erscheinen zu lassen: Inwieweit waren ehebedingte Nachteile zu verzeichnen und inwieweit wirken sie weiter fort?
bb) Kausalität
Zwischen der Ehegestaltung und dem Erwerbsnachteil muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (eindeutige Kausalität). Für die Ehebedingtheit des Nachteils ist erforderlich, dass die Umstände, die zu dem unterschiedlichen Einkommen führen, Folgen des Lebenszuschnitts der Ehegatten während der Ehe sind, also aufgrund der Rollenverteilung und der vereinbarten Aufgabenverteilung in der geschiedenen Ehe eingetreten sind (Kausalität; BGH FamRZ 2011, 189; FamRZ 2010, 1414).
Checkliste:
- Im ersten Schritt muss festgestellt werden, dass überhaupt ein Nachteil im oben dargelegten Sinne eingetreten ist.
- Danach muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob dieser Nachteil ehebedingt ist oder allein auf persönliche Umstände der Unterhaltsberechtigten zurückzuführen ist ("persönliches Pech").
- Im letzteren Fall können die eingetretenen Nachteile nicht zur Begründung herangezogen werden, eine Begrenzung oder Befristung nach § 1578b BGB zu verhindern!
b) Fehlender ehebedingter Nachteil
Kein ehebedingter Nachteil ist gegeben,
- wenn für die Arbeitsplatzaufgabe Gründe maßgeblich waren, die keinen Bezug zur Ehegestaltung haben, wie etwa betriebs- oder krankheitsbedingte Kündigungen (BGH NJW 2013, 1738 = FamRZ 2013, 935), Arbeitslosigkeit aus konjunkturellen Gründen, wegen Arbeitsmangel, Insolvenz (BGH NJW 2010, 3653),
- wenn eine zur Erwerbsunfähigkeit führende Erkrankung durch zu Unrecht erlittene Haft ausgelöst wird (OLG Hamm FamRZ 2016, 64),
- wenn der Nachteil aus dem bereits vorehelich vorhandenen unterschiedlichen Ausbildungsniveau der Eheleute herrührt (BGH FamRZ 2007, 2049) und der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehe nicht gehindert war, seinen Ausbildungsrückstand abzubauen (BGH FamRZ 2006, 1006, 1008),
- wenn Erwerbshindernisse als Folge der vorehelichen Lebensführung bestehen (z.B. Kindererziehung aus erster Ehe, vgl. OLG Celle FamRZ 2007, 832),
- wenn berufliche Nachteile infolge der Pflege von eigenen Verwandten des Unterhaltsberechtigten entstanden sind (BGH FamRZ 2007, 2049),
- wenn er auf persönlichen Umständen oder schicksalhaften Gegebenheiten beruht. So sind eine Krankheit und deren Folgen i.d.R. nicht als ehebedingter Nachteil einzustufen (vgl. BGH FamRZ 2013, 1291; NJW 2011, 1807 m. Anm. Born; FamRZ 2011, 189; FamRZ 2010, 629). Das gilt auch dann, wenn eine psychische Erkrankung durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst worden ist (BGH FamRZ 2010, 1414), oder
- bei Rechtsfolgen aus der Eheschließung als solcher wie z.B. der Verlust des Unterhaltsanspruchs aus einer früheren Ehe (BGH NJW 2012, 309).
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es nicht darauf an,
- ob eine bestimmte Lebensgestaltung während der Ehe einvernehmlich erfolgt ist,
- ob ein Ehegatte den anderen zu bestimmten Verhaltensweisen, wie z.B. der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, gedrängt hat oder
- ob gerade ein solches Verlangen nicht erfolgt ist.
Entscheidend ist die objektive Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse (BGH FamRZ 2014, 1007 = NJW 2014, 1807; NJW 2013, 1738 = FamRZ 2013, 935; NJW 2011, 1807; NJW 2011, 1067 = FamRZ 2011, 628).
c) Zeitlicher Rahmen
Ehebedingte Nachteile können nur durch Umstände ausgelöst werden, die zeitlich nach der Eheschließung und vor der Zustellung des Scheidungsantrags eingetreten sind. Eine vor der Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründet keinen ehebedingten Nachteil (BGH NJW 2013, 1444; OLG Hamm NZFam 2014, 471; vgl....