Der Härtegrund des § 1579 Nr. 2 BGB sanktioniert kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern stellt auf rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten ab, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen.
aa) Begriffsbestimmung
Der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte muss eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen sein und sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst und auf diese Weise zu erkennen gegeben haben, dass er diese nicht mehr benötigt (BGH FamRZ 2011, 1498 m.w.N.; FamRZ 2011, 1855; FamRZ 2011, 791; OLG Karlsruhe FamRB 2011, 236). Dabei spielt die finanzielle Leistungsfähigkeit des neuen Partners keine Rolle (BGH FamRZ 2011, 1855; FamRZ 2011, 1498). Es ist nicht erforderlich, dass die neuen Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen (BGH NJW 2011, 2512; FamRZ 2004, 614, 616; FamRZ 2002, 23, 25).
Als notwendige Zeitdauer wird vom BGH regelmäßig ein Zeitrahmen von nicht weniger als zwei bis drei Jahren angenommen (BGH FamRZ 2011, 1498; FamRZ 2004, 1326). Auch dann, wenn der vorgenannte zeitliche Rahmen noch nicht überschritten worden ist, können besondere Umstände des Einzelfalls für eine ausreichende Verfestigung sprechen.
Hier kommen besonders intensive persönliche oder wirtschaftliche Verflechtungen in Betracht (OLG Oldenburg NJW 2012, 2450), wie etwa regelmäßige Zuwendungen des neuen Partners (BGH FamRZ 2011, 791; OLG Oldenburg FamRZ 2011, 1965), die Anschaffung und Nutzung einer gemeinsamen Wohnung (OLG Brandenburg NZFam 2016, 983), die Anschaffung einer Immobilie (OLG Saarbrücken FamFR 2009, 48; vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 351) oder die Geburt eines gemeinsamen Kindes (BGH NJW 2012, 2190; OLG Brandenburg NZFam 2016, 983; OLG Frankfurt NJW 2013, 1686). Diese Voraussetzungen liegen auch bei einer Verlobung der neuen Partner vor (AG Rinteln FamRZ 2015, 57). Ebenso kann bei Anmeldung auf Webseiten zur Vermittlung kostenloser Sexualkontakte während des Zusammenlebens der Unterhalt versagt werden (OLG Oldenburg FamRZ 2010, 904).
bb) Praxishinweis
Ist ein Streit über die unterhaltsrechtlich relevante Bedeutung einer neuen Beziehung der Unterhaltsberechtigten abzusehen, wird zur Vorbereitung des späteren Sachvortrags im gerichtlichen Verfahren die Abarbeitung des folgenden Fragenkatalogs – unter Anpassung an die jeweilige Situation – empfohlen (Born NZFam 2014, 351; Schnitzler FF 2011, 290, 292).
Checkliste:
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Liegt ein Ausbruch aus einer intakten Ehe vor? |
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Welche Tatsachen/Indizien gibt es dafür, dass sich die Ehefrau wegen eines anderen Mannes vom Ehemann getrennt hat?
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Hat sie sich schon vor der Trennung mit ihm getroffen? |
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Ist sie über Nacht weggeblieben? |
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Hat er ihr beim Umzug geholfen? |
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Ist sie bei ihm eingezogen? |
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Haben beide eine gemeinsame Wohnung genommen? |
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Ist die Ehe zum Zeitpunkt der Trennung noch intakt gewesen?
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Hat es bis zuletzt gemeinsame Unternehmungen gegeben? |
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Wurden gesellschaftliche Veranstaltungen zusammen besucht? |
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Wurden gemeinsame Urlaube unternommen? |
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Wurden gemeinsame Anschaffungen getätigt? |
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Wann war der letzte eheliche Verkehr? |
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Oder war die Ehe bereits zerrüttet und man hat nur noch nebeneinander her gelebt?
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Hat man noch miteinander gesprochen? |
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Hatte sich der Ehemann schon einer anderen Frau zugewandt und sich öfter bei ihr aufgehalten? |
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Hat er die Ehefrau geschlagen? |
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Hat er getrunken? |
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Hat er sich nicht um die Familie gekümmert? |
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Hat die Frau nach der Trennung/Scheidung eine neue Partnerbeziehung aufgenommen? Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit:
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Hat es einen gemeinsamen Umzug gegeben? |
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Werden gemeinsame Freizeitaktivitäten durchgeführt (Besuche von Gaststätten, Esslokalen, Ausflüge, Urlaube, Familienfeiern, vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 1811; FuR 2011, 341; FamRZ 2009, 351)? |
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Benutzt der Partner den Pkw des anderen? |
Persönliche Umstände:
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Leben beide zusammen wie Mann und Frau? |
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Versorgt die Frau den gemeinsamen Haushalt? |
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Sind aus der neuen Verbindung gemeinsame Kinder hervorgegangen? |
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Erhält die Frau von ihrem neuen Partner Zuschüsse für den Haushalt (Einkäufe, Anschaffungen, vgl. BGH FamRZ 2011, 791; OLG Oldenburg FamRZ 2011, 1965)? |
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Hat der neue Partner Einrichtungsgegenstände und persönliche Gegenstände (CDs, Bekleidung usw.) in ihrer Wohnung? |
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Hat der neue Partner noch eine eigene Wohnung, möglicherweise aber nur pro forma? |
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Wie heißt der neue Partner, wo arbeitet er, was verdient er? |
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Gibt es Einträge bei Facebook oder anderen sozialen Netzwerken, die für Gemeinsamkeiten sprechen (dazu Krekeler FuR 2016 135, 138)? |
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Praxishinweise:
- Die volle Darlegungs- und Beweislast trägt der Unterhaltspflichtige (ausführlich zur Darlegungs- und Beweislast im Unterhaltsrecht Bömelburg FF 2015, 273 und FF 2015, 350).
- Die Informationen sollten über einen längeren Zeitraum gesammelt in einer schriftlichen Aufstellung übermittelt werden, um Informationsfehler zu vermeiden (Born NZFam 2014, 351). Dabei sind möglichst genaue Angaben ...