Ein bestehender nachehelicher Unterhaltsanspruch kann nach § 1578b BGB in der Höhe eingeschränkt (Begrenzung) oder seine zeitliche Wirkung begrenzt (Befristung) werden.
1. Aufbau der Norm
Das Gesetz lässt in § 1578b BGB eine Reduzierung zu
- hinsichtlich der Höhe auf den angemessenen Lebensbedarf gem. § 1578b Abs. 1 BGB (Herabsetzung, Begrenzung der Höhe nach);
- hinsichtlich der Dauer der Zahlungspflicht gem. § 1578b Abs. 2 BGB (zeitliche Begrenzung, Befristung).
Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden (§ 1578b Abs. 3 BGB). Somit können auch gestaffelte Regelungen getroffen werden, in denen der Unterhalt für mehrere Jahre, aber mit sinkenden monatlichen Beträgen festgeschrieben wird (BGH FamRZ 2011, 1721 m. Anm. Hauß = NJW 2011, 3645 = FF 2011, 497 m. Anm. Reinken; OLG Köln FF 2016, 123; KG FamRZ 2012, 788; OLG Düsseldorf FuR 2009, 418 = FPR 2009, 371; OLG Dresden FamFR 2009, 138).
2. Systematik des Gesetzes
Bei dem ehebedingten Nachteil ist von dem aktuellen tatsächlich erzielten oder erzielbaren Einkommen des geschiedenen Ehegatten, der Unterhalt geltend macht, auszugehen. Liegt dieses Einkommen (das "eigene Geld") unterhalb des Einkommens, das die oder der Berechtigte nach der eigenen Lebensstellung ohne die Ehe (als ledige/r und kinderlose/r Erwerbstätige/r im erlernten Beruf) erzielen würde, ist ein Nachteil gegeben. Sofern dieser Nachteil ehebedingt ist (was gesondert zu prüfen ist), ist er für § 1578b BGB beachtlich.
Liegen die vom (früheren) gemeinsamen Einkommen beider Eheleute abgeleiteten ehelichen Lebensverhältnisse höher als die eigene Lebensstellung der Unterhaltsberechtigten, geht es um die Frage, ob aufgrund der nachehelichen Solidarität diese Differenz – ganz oder teilweise, auf Dauer oder auf bestimmte Zeit – ausgeglichen werden muss.
Beispiel:
Die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau hat nach den ehelichen Lebensverhältnissen einen Bedarf von 2.200 EUR. Sie verdient jetzt 1.200 EUR. Ohne die ehebedingte berufliche Unterbrechung würde sie 1.600 EUR verdienen.
- Die ehebedingten Nachteile aufgrund der beruflichen Unterbrechung führen zu einem Einkommensnachteil von 400 EUR (1.600 EUR abzgl. 1.200 EUR). Dieser Nachteil ist in aller Regel unterhaltsrechtlich auszugleichen, solange er fortbesteht.
- Die restlichen 600 EUR (2.200 EUR abzgl. 1.600 EUR fiktivem Eigeneinkommen als Ledige) stehen ihr als Unterhalt zu, soweit und solange dies der Billigkeit entspricht (Vertrauensschutz aufgrund der nachehelichen Solidarität).
3. Ehebedingter Nachteil
§ 1578b BGB stellt insbesondere darauf ab, ob ehebedingte Nachteile im Hinblick darauf eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt selbst sorgen zu können, und ob diese einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen (BGH FamRZ 2007, 793; FamRZ 2006, 1006; NJW 2007, 839, 841 = FamRZ 2007, 200).
Praxishinweise:
- Abzustellen ist dabei auf das – fiktive – Einkommen der Unterhaltsberechtigten in ihrem – fiktiven – Lebensverlauf als ledige und kinderlose Erwerbstätige in ihrem gelernten und früher ausgeübten Beruf.
- Maßgeblich ist das hypothetische (Netto-)Einkommen, das sie ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Es ist fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln (BGH NJW 2013, 528).
a) Vorliegen eines ehebedingten Nachteils
aa) Voraussetzung
Ehebedingte Nachteile liegen folglich vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH FamRZ 2010, 538; FamRZ 2009, 406; FamRZ 2008, 582, 586).
Praxishinweise:
- Zur Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist umfassender anwaltlicher Sachvortrag zu den Umständen des Einzelfalls erforderlich.
- In der anwaltlichen Beratung im Vorfeld muss der Mandant entsprechend informiert und die erforderlichen Sachverhaltsangaben müssen erfragt werden.
- Der Lebenslauf des Unterhaltsberechtigten muss abgeklärt werden, um eine Befristung mit möglichst vielen Fakten als unbillig erscheinen zu lassen: Inwieweit waren ehebedingte Nachteile zu verzeichnen und inwieweit wirken sie weiter fort?
bb) Kausalität
Zwischen der Ehegestaltung und dem Erwerbsnachteil muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (eindeutige Kausalität). Für die Ehebedingtheit des Nachteils ist erforderlich, dass die Umstände, die zu dem unterschiedlichen Einkommen führen, Folgen des Lebenszuschnitts der Ehegatten während der Ehe sind, also aufgrund der Rollenverteilung und der vereinbarten Aufgabenverteilung in der geschiedenen Ehe eingetreten sind (Kausalität; BGH FamRZ 2011, 189; FamRZ 2010, 1414).
Checkliste:
- Im ersten Schritt muss festgestellt werden, dass überhaupt ein Nachteil im oben dargelegten Sinne eingetreten ist.
- Danach muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob dieser Nachteil ehebedingt ist oder allein auf persönliche Umstände der Unterhaltsberechtigten zurückzuführen ist ("persönliches Pech").
- Im letzteren F...