Die Finanzminister des Bundes und der Länder haben sich Anfang Februar in einem Spitzentreffen auf die Grundzüge einer neuen Grundsteuer geeinigt. Diese stellen einen Kompromiss zwischen dem bisher vom Bundesfinanzminister favorisierten wertabhängigen und einem vorwiegend von den Länder angestrebten wertunabhängigen Modell dar. Für die Berechnung der Grundsteuer soll nun auf die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und durchschnittliche Mietkosten abgestellt werden.
Konkret bedeutet dies, dass auf Bodenrichtwerte, das Baujahr des Gebäudes sowie die Nettokaltmieten zurückgegriffen wird. Da es bei den Bodenrichtwerten lokal teilweise große Unterschiede geben kann, etwa bei erheblichen Wertdifferenzen unter nah beieinander liegenden Grundstücken, sollen die Gemeinden hier künftig größere "Bodenrichtwertzonen" definieren können. In vielen Gemeinden liegen die Richtwerte außerdem unter dem landesweiten Durchschnitt, hier kann ein einfacher Ortsdurchschnittswert festgelegt werden.
Bei der Mietkomponente des neuen Grundsteuermodells wird zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage an die aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten angeknüpft. Dies stellt gegenüber dem bisher vom Bundesministerium der Finanzen bevorzugten Modell eine Vereinfachung dar. Ursprünglich sollten Vermieter die tatsächlich gezahlten Nettokaltmieten an das Finanzamt melden; bei Selbstnutzung durch Eigentümer hätte eine fiktive Miete ermittelt werden müssen. Jetzt können die Ämter selbst die Durchschnittsmieten anhand bereits vorliegender Daten errechnen. Für gewerbliche Grundstücke soll ein "vereinfachtes Sachwertverfahren" zur Anwendung kommen, dessen Einzelheiten allerdings noch erarbeitet werden müssen.
Der Kompromiss sieht zudem vor, dass Gemeinden die Möglichkeit erhalten, für unbebaute Grundstücke eine neue Grundsteuer C einzuführen. Damit sollen sie Bodenspekulationen entgegenwirken und Eigentümer zur Bebauung anhalten können. Einig sind sich die Finanzminister auch darin, dass die neue Grundsteuer insgesamt aufkommensneutral bleiben soll, d.h. es sollen nicht mehr als die im vergangenen Jahr erzielten rund 14 Mrd. Euro eingenommen werden. Zu diesem Zweck will Bundesfinanzminister Scholz notfalls die bundesweit geltende Steuermesszahl senken; alternativ könnten auch die gemeindlichen Hebesätze abgesenkt werden.
Die Einigung der Spitzenpolitiker muss nun bis Jahresende in ein verabschiedetes Gesetz münden, ansonsten entfällt die Steuer ab 2020, wie das BVerfG im vergangenen Jahr in seinem Urteil zur Einheitsbewertung entschieden hat (vgl. ZAP EN-Nr. 266/2018). Die Verfassungskonformität eines Gesetzes auf Basis des aktuellen Kompromisses wird allerdings bereits jetzt angezweifelt. Einige Experten haben erhebliche Bedenken, etwa mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz. So wird u.a. kritisiert, dass das Baujahr eines Hauses wenig mit dem Wert zu tun hat: Ein schlecht gepflegtes Haus aus den 80er Jahren sei weniger wert als ein top-saniertes Gründerzeithaus, gab ein Professor aus Trier zu bedenken. Kritik kommt auch aus den Verbänden. So erwartet der Zentrale Immobilien Ausschuss einen "hohen Verwaltungsaufwand", einige sehen sogar ein "Bürokratiemonster". Der Bund der Steuerzahler warnt davor, dass gerade in den attraktiven Ballungsgebieten der Wertbezug der neuen Grundsteuer automatisch zu einer höheren Steuerbelastung führen werde; dies treffe dort vor allem Menschen mit niedrigeren Einkommen. Der Verband der Familienunternehmen befürchtet, dass die Einberechnung der Bodenrichtwerte zu einer "Vermögensteuer durch die Hintertür" führen werde.
Die Kommunen, denen die Steuer zusteht, haben bereits darauf gedrängt, dass bis "spätestens Ostern" ein konkreter Gesetzentwurf vorliegen müsse. Ansonsten, so befürchten sie angesichts der noch notwendigen parlamentarischen Schritte, könnte ab 2020 eine für sie unverzichtbare Einnahmequelle wegbrechen.
[Red.]