Der Bundesrat kritisiert den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (vgl. BT-Drucks. 19/6334). Er hat "erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken", wie es in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf heißt (vgl. BT-Drucks. 19/6926). Die Bundesregierung plant mit dem Gesetz die Maßnahmen zur Überwachung angeordneter Fahrverbote wegen Überschreitung der Grenzwerte bei Stickstoffdioxid-Emissionen.
Dazu ist vorgesehen, dass Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können, um fahrzeugindividuell anhand der dort gespeicherten technischen Daten über das Fahrzeug die Einhaltung der Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote überprüfen zu können. Die zuständigen Landesbehörden sollen spezielle Daten für Kontrollen auch automatisiert erheben, speichern und verwenden dürfen.
Die Länderkammer verweist in ihrer Stellungnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die automatisierte Kennzeichenerfassung in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung eingreift, wenn die erfassten Daten nicht unverzüglich wieder gelöscht werden. Der vorliegende Gesetzentwurf ermögliche ohne vorherige Festlegung und Beschränkung auf besonders gefährdete Bereiche die weiträumige Aufstellung und Nutzung von automatisierten Kennzeichenlesegeräten. Vorgesehen sei nicht nur ein Abgleich des Halters und der Fahrzeugdaten, sondern auch die Anfertigung eines Bildes des Fahrers.
Die Regelung erfasse unterschieds- und anlasslos alle Fahrer und Fahrzeuge, die sich – rechtmäßig oder rechtswidrig – innerhalb von für bestimmte dieselbetriebene Fahrzeuge beschränkten Strecken oder Zonen bewegen, schreibt der Bundesrat. Dabei sei nicht hinreichend sichergestellt, dass die automatisch erfassten Halter- und Fahrerdaten unverzüglich ausgewertet werden und dass sie in Fällen, in denen eine für bestimmte Dieselfahrzeuge beschränkte Strecke oder Zone rechtmäßig befahren wird, unverzüglich, spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden. Darüber hinaus stößt bei den Ländern die vorgesehene absolute Löschungsfrist von sechs Monaten mit Blick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf Bedenken.
Aus Sicht der Bundesregierung wahrt der Gesetzentwurf jedoch durchaus das geltende Datenschutzrecht. Um den geäußerten Bedenken jedoch entgegenzukommen und die Rechtsklarheit zu steigern, schlägt sie in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats vor, die im Gesetzentwurf bereits angelegten datenschützenden Regelungen "deutlicher herauszuarbeiten und an einigen Stellen zu schärfen". So könne klargestellt werden, dass keine flächendeckende Überwachung von Verkehrsverbotszonen ermöglicht werde. Auch solle die absolute Löschfrist der erhobenen Daten auf zwei Wochen verkürzt werden, selbst wenn die Verfolgung eines Verstoßes dadurch gehindert würde. Dies sei in Abwägung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung sachgerecht, ist die Bundesregierung überzeugt.
[Quelle: Bundestag]