a) Im Rechtsstreit selbst
Nach Auffassung des BGH (RVGreport 2013, 236 [Hansens]) ist die Vorlage des Privatgutachtens im Rechtsstreit nicht erforderlich. Dies folgert der BGH daraus, dass für die Beurteilung der Notwendigkeit auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die kostenauslösende Maßnahme veranlasst wurde (so bereits BGH BRAGOreport 2003, 96 [Hansens]; BGH RVGreport 2012, 229 [ders.]). Danach hängt die Erstattungsfähigkeit weder von dem Ergebnis der Begutachtung noch von deren Überzeugungskraft ab. Deshalb steht der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten nicht entgegen, dass der Privatgutachter seine Gutachtentätigkeit erst nach Abschluss der ersten Instanz beendet hat (s. BGH RVGreport 2018, 466 [Hansens]).
b) Im Kostenfestsetzungsverfahren
Nach Auffassung des BGH (RVGreport 2013, 236 [Hansens]) ist die Vorlage des Privatgutachtens selbst im Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig nicht erforderlich, wenn die erstattungsberechtigte Partei die Rechnung des Privatgutachters einreicht und die Entstehung der Kosten anwaltlich versichert.
Dies widerspricht jedoch dem Grundsatz des § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO, wonach es zur Berücksichtigung eines Ansatzes im Kostenfestsetzungsverfahren genügt, aber es auch erforderlich ist, dass er glaubhaft gemacht ist. Allein die Vorlage der Rechnung des Privatgutachters reicht jedoch nicht aus, um den Anfall, die Prozessbezogenheit und die Notwendigkeit der Privatgutachtenkosten glaubhaft zu machen. So lässt sich allein der Rechnung nicht entnehmen, ob der Privatgutachter auch andere, nicht den Gegenstand des Rechtsstreits betreffende Sachfragen in seinem Gutachten erörtert und die entsprechende Tätigkeit auch berechnet hat. Ferner kann ohne Vorlage des Privatgutachtens nicht einmal im Ansatz geprüft werden, ob der von dem Sachverständigen berechnete Zeitaufwand angemessen und damit notwendig war. Schließlich ergibt sich aus der Rechnung nicht unbedingt, wann die Partei den Privatgutachter beauftragt hat, was aber für die Prozessbezogenheit der Privatgutachterkosten (s. vorstehend unter 2.) entscheidend sein kann.
Hinweis:
Sollte der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren dahin tendieren, die Privatgutachtenkosten auch ohne Vorlage des Gutachtens festzusetzen oder hat er gar diese Kosten bereits festgesetzt, so sollte der Erstattungspflichtige (ggf. nach Einlegung des Rechtsbehelfs gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss) ausdrücklich mit Nichtwissen bestreiten, dass der Erstattungsberechtigte ein Privatgutachten zu den den Rechtsstreit betreffenden Streitfragen in Auftrag gegeben hat und dass ein solches Gutachten erstellt worden ist. Spätestens in dieser Situation ist der Erstattungsberechtigte verpflichtet, dies nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft zu machen, was eigentlich nur durch Vorlage des Privatgutachtens erfolgen kann.