Wird der vom Prozessgericht bestellte Sachverständige von einem Verfahrensbeteiligten abgelehnt, so muss der Rechtsanwalt auch insoweit das Prozesskostenrisiko im Blick haben. Deshalb soll nachfolgend dargestellt werden, welche Kosten in einem solchen Ablehnungsverfahren und einem dem folgenden Rechtsbehelfsverfahren anfallen können und unter welchen Voraussetzungen sie erstattungsfähig sind.
1. Gerichtskosten
a) Ablehnungsverfahren
Im Verfahren über die Ablehnung des Sachverständigen werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Vielmehr wird dieses Verfahren durch die jeweilige Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (z.B. Nr. 1210, 5110, 6110 oder Nr.7110 GKG KV; Nr. 1110 FamGKG KV) abgegolten.
b) Beschwerdeverfahren
Demgegenüber kann im entsprechenden Beschwerdeverfahren eine Gerichtsgebühr anfallen, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Dabei handelt es sich allerdings um Festbetragsgebühren (Nr. 1812, 6502, 5502 oder Nr. 7504 GKG KV; Nr. 1912 FamGKG KV: jeweils 60 EUR). Im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH fällt bei Verwerfung oder Zurückweisung der Rechtsbeschwerde ebenfalls eine Festbetragsgebühr an (Nr. 1826 GKG KV; Nr. 1923 FamGKG KV: jeweils 120 EUR). Hieraus folgt, dass eine Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtsgebühren gem. § 63 GKG bzw. eines Verfahrenswerts für die Gerichtsgebühren nach § 53 FamGKG unzulässig ist.
Hinweis:
Die Entscheidung des BGH (RVGreport 2004, 278 [Hansens] = AGS 2004, 159), der für die Berechnung der Gerichtsgebühr im Beschwerdeverfahren den Streitwert mit einem Bruchteil von 1/3 des Hauptsachestreitwerts angesetzt hat, beruht auf einer früheren Fassung des GKG.
2. Anwaltsvergütung
a) Ablehnungsverfahren
aa) Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter
Für den Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten, der seine Gebühren nach Teil 3 VV RVG abrechnet, gehört die Tätigkeit im – erstinstanzlichen – Ablehnungsverfahren gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG zu den Neben- oder Abwicklungstätigkeiten des Rechtszugs und wird deshalb durch die in der Hauptsache verdiente Verfahrensgebühr abgegolten (BGH RVGreport 2019, 21 [Hansens]; ebenso N. Schneider MDR 2001, 130; ders. NZFam 2015, 413).
Hinweis:
Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn dem Rechtsanwalt im Hauptsacheverfahren keine Terminsgebühr angefallen ist, wohl aber eine solche Gebühr im Verfahren über die Ablehnung des Sachverständigen. In diesem selten vorkommenden Ausnahmefall kann der betreffende Anwalt auch für seine Tätigkeit im Ablehnungsverfahren einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts gem. § 33 RVG stellen (Kurpat/N. Schneider, in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn 925).
bb) Einzelauftrag
Ist der Anwalt nicht zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellt, so erhält er für die Tätigkeit (nur) im Ablehnungsverfahren eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG. Sind für das Ausgangsverfahren niedrigere Gebührensätze für die Verfahrensgebühr vorgesehen, etwa im Verfahren betreffend die Zwangsvollstreckung (0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG), so beschränkt sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG für die Einzeltätigkeit gem. § 15 Abs. 6 RVG auf diesen Gebührensatz, bei der Ablehnung im Zwangsvollstreckungsverfahren also auf eine 0,3 Verfahrensgebühr.
b) Beschwerdeverfahren
aa) Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter
Das Verfahren über eine Beschwerde betreffend die Ablehnung eines Sachverständigen gem. § 406 Abs. 5 ZPO ist für den Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten des Ausgangsverfahrens gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 RVG). Hierfür entsteht dem Rechtsanwalt in Zivilverfahren nach allgemeiner, auch vom BGH (RVGreport 2019, 21 [Hansens]) geteilter Auffassung, eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG, die ggf. bei Vertretung mehrerer Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen ist. Voraussetzung für den Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG ist, dass der Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte für das Beschwerdeverfahren einen besonderen Auftrag erhalten hat (s. N. Schneider MDR 2001, 130, 131), wovon jedoch im Regelfall auszugehen ist (so BGH RVGreport 2005, 275 [Hansens] = NJW 2005, 2233 = AGS 2005, 413 = JurBüro 2005, 482; BGH RVGreport 2019, 21 [Hansens]).
In Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, fällt dem Rechtsanwalt nach Nr. 3501 VV RVG eine Verfahrensgebühr mit einem Gebührenrahmen von 20–210 EUR an. Ausnahmsweise kann daneben auch nach Nr. 3515 VV RVG eine Terminsgebühr mit einem Gebührenrahmen von 20–210 EUR entstehen. Auch hier muss dem Anwalt für dieses Beschwerdeverfahren ein gesonderter Auftrag erteilt worden sein.
Praxishinweis:
Im Streitfall hat die Partei im Kostenfestsetzungsverfahren den gesonderten Auftrag für das Beschwerdeverfahren darzulegen und glaubhaft zu machen, s. § 104 Abs. 2 ZPO.
Der Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 3500, 3501 VV RVG erfordert lediglich irgendeine in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG), wozu bereits die Entgegennahme und Prüfung der gegnerischen Beschwerdeschrift genügt (so BGH RVGreport 2005, 275 [Hansens]; BGH RVGreport 2019, 21 [ders.]). Es ist also darüber hinaus nicht erforderlich, da...