Insbesondere der Klimawandel, aber auch mögliche Cyber-Attacken und die weltweiten Migrationsbewegungen stellen den Zivil- und Katastrophenschutz in Deutschland vor neue Herausforderungen. Dies war der Tenor einer Expertenanhörung Mitte Januar im Innenausschuss des Bundestags. Insgesamt sei hierzulande die Infrastruktur zur Abwehr von Gefahren für die Bevölkerung gut aufgestellt und gelte als weltweit vorbildlich, hieß es. Dennoch gebe es Handlungs- und Nachholbedarf in wesentlichen Bereichen.
So nannte etwa der ehemalige Präsident des Technischen Hilfswerks (THW) und heutige Vorsitzende des vereinsrechtlich organisierten Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit, Albrecht Broemme, in diesem Zusammenhang die Abwehr einer möglichen Pandemie, einer "eskalierenden Erkrankungswelle", als Schwachstelle des Zivilschutzes.
Der amtierende THW-Präsident Gerd Friedsam mahnte eine Ertüchtigung seiner Organisation insb. in den Bereichen der Notstrom- und der Trinkwasserversorgung an. Das THW müsse in der Lage sein, im Katastrophenfall "systemrelevante Einrichtungen" zuverlässig mit Strom zu beliefern. Angesichts der mit dem Klimawandel zunehmenden Gefahr langanhaltender Dürreperioden seien auch die Kapazitäten auf dem Feld der Trinkwasserbeschaffung und -aufbereitung zu erweitern.
Der Berliner Landesbranddirektor Karsten Homrighausen, nach eigenen Worten Leiter der ältesten und größten Berufsfeuerwehr in Deutschland, beklagte eine "Vollkasko-Mentalität" in Teilen der Gesellschaft. Schon bei der "erstbesten Störung" ertöne der Ruf nach dem Staat. Dagegen seien die Eigenverantwortung und die Selbsthilfefähigkeit der Menschen stärker zu betonen und einzufordern. Der Staat allein könne nicht alle erforderlichen Maßnahmen treffen.
Der Katastrophenschutz-Beauftragte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Frank Jörres, erinnerte an die Flüchtlingskrise 2015/16 und an die verheerenden Waldbrände der jüngsten Zeit in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zur Begründung seiner Forderung, den Bevölkerungsschutz "neu zu denken". Jörres mahnte, Vorsorgestrukturen auszubauen und das Ehrenamt zu stärken. Der Betreuungsbereich, also die Notunterbringung und Versorgung von Betroffenen einer Katastrophe, sei das Stiefkind des Bevölkerungsschutzes. Er zitierte die Faustformel, dass der Staat Notunterkünfte für 2 % der Bevölkerung, in Deutschland also 1,6 Mio. Menschen, vorhalten sollte.
Der ehemalige Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Helmut Ziebs, machte auf erhebliche Defizite in der Bevorratung mit Lebensmitteln und Ausrüstungsgegenständen aufmerksam. Wie schon andere Experten befürwortete er eine Rahmenkompetenz des Bundes im Katastrophenschutz.
[Quelle: Bundestag]