"Inhaber des Verbots" ist der Vorsitzende als Träger der (allgemeinen) Sitzungspolizei (§ 176 Abs. 1 GVG). Es ist seine Aufgabe, in der "Sitzung" auf die Einhaltung des Verbots hinzuwirken (BT-Drucks 19/14747, S. 43). Nach § 180 GVG stehen die in den §§ 176 bis 179 GVG bezeichneten Befugnisse daneben auch einem einzelnen Richter bei der Vornahme von Amtshandlungen außerhalb der Sitzung zu. Das bedeutet, dass die Vorschrift des § 176 Abs. 2 GVG im Strafverfahren auch für ermittlungsrichterliche Tätigkeiten nach den §§ 162 und 169 StPO, bei richterlicher Tätigkeit in Haftsachen (z.B. §§ 114a, 115, 155a StPO), in Vollstreckungssachen oder beim ersuchten Richter (§ 157 StPO) anzuwenden ist (vgl. dazu BT-Drucks 19/14747, S. 43).
Die Durchsetzung des Verbots der Gesichtsverhüllung obliegt dem Vorsitzenden als Inhaber der Sitzungspolizei. Für das einzuhaltende Verfahren gelten die allgemeinen Regeln (dazu Burhoff, HV, Rn 2729 ff.): Der Person, gegenüber der das Verbot durchgesetzt werden soll, ist rechtliches Gehör zu gewähren. Der Vorsitzende fordert sodann zur Einhaltung des Verbots und ggf. zur Enthüllung des Gesichts auf. Der Vorsitzende kann ggf. für den Fall der Nichtbefolgung Ordnungsmittel (§§ 177 und 178 GVG) androhen. Bei der Aufforderung bzw. Androhung muss der Vorsitzende die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 176 Abs. 2 S. 2 GVG prüfen, und zwar auch ohne ausdrücklichen Antrag der betroffenen Person, wenn sich diese Prüfung – wie bei einem offenkundig medizinischen Verband – aufdrängt (dazu BT-Drucks 19/14747, S. 44). Auch für Rechtsmittel gegen die Anordnung des Vorsitzenden gelten die allgemeinen Regeln. Es dürfte, da Grundrechte der betroffenen Person tangiert werden, das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben sein (vgl. dazu und wegen weiterer Einzelheiten Burhoff, HV, Rn 2732).
Hinweis:
Der Verteidiger muss im Hinblick darauf prüfen, ob er ggf. einen Antrag stellt, dass der Vorsitzende zur Enthüllung auffordert, wenn dies z.B. für die Fragen der Identitätsfeststellung eines Zeugen und/oder der Beweiswürdigung von Bedeutung ist. Kommt der Vorsitzende diesem Antrag nicht nach, wird der Verteidiger m.E. das nach § 238 Abs. 2 StPO als Maßnahme der Verhandlungsleitung beanstanden können und im Hinblick auf die Revision auch müssen (vgl. Burhoff, HV, Rn 3160).