§ 141 Abs. 1 S. 1 StPO schreibt die unverzügliche Bestellung des Pflichtverteidigers vor, wenn der Beschuldigte diese beantragt hat (sog. Unverzüglichkeitsgebot).
Hinweis:
Voraussetzung für eine Verteidigerbestellung ist aber stets, dass ein Beiordnungsgrund des § 140 StPO vorliegt, die §§ 141 ff. StPO regeln lediglich das Verfahren der Bestellung.
Was unter „unverzüglich” zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht festgelegt, und auch in der Rechtsprechung wird oft lediglich betont, dass die Frist angemessen sein müsse (LG Mainz, Beschl. v. 5.11.2020 – 3 Qs 62/20). Einen Versuch, die Regelung zu präzisieren, hat das LG Bochum (Beschl. v. 18.9.2020 – II-10 Qs-36 Js 596/19 – 6/20) unternommen und ausgeführt, dass unter „unverzüglich” eine Prüfungs- und Überlegungsfrist von ein bis zwei Wochen zu verstehen sei. Verallgemeinerungsfähig ist dies indes nicht, maßgeblich sind vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalls: Während der Prüfungsaufwand des Gerichts in eindeutigen Fällen, etwa bei einem Verbrechensvorwurf, überschaubar sein dürfte, können bei anderen Beiordnungsgründen durchaus weiterreichende Ermittlungen zu tätigen bzw. Überlegungen anzustellen sein, sodass sich die Prüfungszeit entsprechend verlängern kann.
Hinweis:
Eine generelle Pflicht der Gerichte zur sofortigen Verbescheidung des Beiordnungsantrags besteht daher nicht (LG Bochum a.a.O., vgl. auch LG Freiburg Beschl. v. 4.11.2020 – 16 Qs 62/20).
Eilbedürftig sind solche Anträge aber gleichwohl, die Bestellung hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Verteidigungsrechte gewahrt werden. Ein Zuwarten mit der Verbescheidung des Antrags über die für die Prüfung seiner Begründetheit erforderliche Zeit hinaus ist daher unzulässig. Dem Gericht steht, wenn die Voraussetzungen des § 140 StPO für eine Verteidigerbestellung gegeben sind, kein Ermessensspielraum zu, und die Beiordnung darf auch nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden. Insbesondere steht der Verteidigerbestellung auch nicht entgegen, dass sich der Beschuldigte aktuell nicht zu den Tatvorwürfen einlässt (vgl. LG Detmold, Beschl. v. 5.5.2020 – 23 Qs-22 Js 258/20-31/20).
Hinweis:
§ 141a Abs. 1 StPO erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Vernehmung des Beschuldigten vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers. Wenngleich es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, die in den allermeisten Verfahren kaum einmal einschlägig sein dürfte, empfiehlt es sich, bereits bei der Antragstellung vorsorglich darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte jedenfalls bis zu einer Entscheidung über den Beiordnungsantrag keine Angaben machen wird. Damit können Vernehmungsversuche unterbunden werden, und überdies führt die Ankündigung, sich ggf. nach der Beiordnung zur Sache einzulassen, mitunter zu einer Beschleunigung des Vorgangs.