a) Gesetzliche Regelung
Nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nach Abs. 5 S. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr in Ehe- und in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG) nicht. Ist über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig, fällt die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG mit einem Gebührensatz von 1,0 an. Nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 1003 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr in Kindschaftssachen auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Die Bezirksrevisorin hatte im Fall des OLG Hamburg ihre Beschwerde darauf gestützt, die gerichtliche Billigung der Vereinbarung gem. § 156 Abs. 2 FamFG sei Voraussetzung für die Entstehung der Einigungsgebühr.
b) Streitstand in der Rechtsprechung
In der Rechtsprechung ist es höchst umstritten, ob der Rechtsanwalt für die Mitwirkung am Abschluss einer Zwischenvereinbarung in Hauptsacheverfahren, die Kindschaftssachen betreffen, eine Einigungsgebühr erhält.
- Nach einer Auffassung fällt eine Einigungsgebühr nicht an, da durch die Zwischenvereinbarung das Verfahren nicht vollständig erledigt werde. Die Schaffung eines prozessualen Schwebezustands löse jedoch keine Einigungsgebühr aus (OLG Köln AGS 2012, 62; OLG Hamm RVGreport 2013, 146 [Hansens] = AGS 2013, 226; OLG Dresden, Beschl. v. 7.8.2007 – 20 WF 679/07).
- Die zweite Meinung bejaht den Anfall einer Einigungsgebühr im Umgangsregelungsverfahren, wenn sich die im Zwischenvergleich getroffene Regelung nicht lediglich auf eine Verständigung über die weitere Verfahrensweise beschränkt. Eine Einigungsgebühr fällt dann an, wenn mit der Einigung der Eltern für den Zeitraum bis zu einer endgültigen Regelung eine Vereinbarung getroffen wurde, die’vom späteren Ausgang des Verfahrens nicht mehr berührt werden kann (KG FamRZ 2014, 1940; OLG’Dresden RVGreport 2016, 60 [Hansens] = AGS 2016, 164).
- Eine dritte Auffassung geht vom Anfall der Einigungsgebühr – wenn auch nach einem geringeren Verfahrenswert – dann aus, wenn durch die Zwischenvereinbarung ein Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entbehrlich geworden ist. Dabei bestehen allerdings unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der verlangten Wahrscheinlichkeit des entbehrlich gewordenen Verfahrens. Einmal soll eine Einigungsgebühr bereits dann entstehen, wenn die vereinbarte Regelung Gegenstand eines gesonderten Verfahrens hätte sein können (OLG Oldenburg RVGreport 2013, 191 [Hansens] = AGS 2015, 69; OLG Zweibrücken RVGreport 2014, 272 [ders.] = AGS 2014, 269), während die Gegenmeinung verlangt, dass eine konkrete gerichtliche Entscheidung entbehrlich geworden ist (OLG Celle RVGreport 2015, 258 [Hansens] = AGS 2015, 325).
Das OLG Hamburg hat sich hier der dritten Auffassung in der ersten Variante angeschlossen. Das OLG argumentiert, dass der Gegenstand der Zwischeneinigung "ohne Weiteres zum Gegenstand eines gesonderten Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte gemacht werden können", ohne Anhaltspunkte hierfür zu fordern, dass ein solches Verfahren überhaupt eingeleitet worden wäre.