Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO hat die im Rechtsstreit oder Verfahren unterlegene Partei der obsiegenden Partei’deren notwendige Kosten zu erstatten. Grundlage hierfür ist gem. § 103 Abs. 1 ZPO ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, der regelmäßig im Hauptsacheverfahren ergeht. Die danach zu erstattenden Prozesskosten werden gem. § 103 Abs. 2 ZPO auf Antrag der obsiegenden Partei vom Rechtspfleger oder Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichtes des ersten Rechtszugs festgesetzt (§ 104 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese Festsetzung findet also zwischen den Parteien des Rechtsstreits oder des gerichtlichen Verfahrens statt.
Wenig bekannt ist es, dass die Partei unabhängig davon, ob sie im Verhältnis zum Gegner im Kostenpunkt gesiegt hat oder unterlegen ist, auch gegen einen Zeugen oder Sachverständigen einen Kostenerstattungsanspruch haben kann. Der Beschluss des BFH (RVGreport 2020, 477 [Hansens] = zfs 2020, 642 mit Anm. Hansens = BFH/NV 2020, 1277) hat auf diese Problematik aufmerksam gemacht.
1. Fall des BFH
Das FG Berlin-Brandenburg hatte den Zeugen D unter Bezeichnung des Beweisthemas zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung geladen, die nach Verlegung am 27.8.2019 stattfand. Zu diesem Termin war der ordnungsgemäß geladene Zeuge D nicht erschienen. Durch Beschluss vom 2.9.2019 erlegte das FG’Berlin-Brandenburg dem Zeugen D die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auf. Zugleich wurde gegen ihn ein Ordnungsgeld i.H.v. 100 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, zwei Tage Ordnungshaft festgesetzt.
Unter dem 9.9.2019 teilte der gerichtlich bestellte Pfleger dem FG Berlin-Brandenburg mit, dass D unter seiner Betreuung stehe. Dieser sei so schwer an Demenz erkrankt, dass eine sinnvolle Beteiligung am Verfahren ausgeschlossen sei. Erst durch den Ordnungsgeldbeschluss habe er – der Pfleger – von der Ladung des von ihm betreuten D und seinem Ausbleiben erfahren. Unter Vorlage eines vom zuständigen Amtsgericht ausgestellten Betreuerausweises beantragte der Pfleger, den Beschluss vom 2.9.2019 aufzuheben. Diesem Antrag kam das FG durch Beschluss vom 4.11.2019 mit der Begründung nach, der Zeuge habe sein Fernbleiben entschuldigt.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluss vom 4.11.2019 haben nunmehr die Kläger fristgerecht Beschwerde eingelegt. Das FG Berlin-Brandenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem BFH zur Entscheidung vorgelegt. Eine Aufforderung des BFH, die angekündigte Begründung einzureichen und Stellung zu nehmen, inwieweit sie durch den angegriffenen Beschluss in eigenen Rechten verletzt seien, haben die Kläger nicht reagiert. Der BFH hat die Beschwerde der Kläger teilweise als unzulässig verworfen, im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
2. Verfahrensrechtliches
Gemäß § 380 Abs. 1 ZPO, der über § 82 FGO auf die Beweisaufnahme im finanzgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden ist, wird gegen einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen – dasselbe gilt gem. § 402 ZPO auch für einen gerichtlich geladenen Sachverständigen – bei Nichterscheinen zwingend ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Gegen den solche Maßnahmen anordnenden Beschluss des Gerichts findet gem. § 380 Abs. 3 ZPO die Beschwerde statt. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Zeuge sein Ausbleiben genügend entschuldigt hat. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen gem. § 381 Abs. 1 ZPO aufgehoben.
Der BFH (a.a.O.) hat offengelassen, ob angesichts der gesetzlichen Regelung in § 381 ZPO, der insoweit keine Beschwerdemöglichkeit vorsieht, überhaupt ein Rechtsmittel gegen die Aufhebung des Ordnungsmittels statthaft ist. Jedenfalls fehle es für die Kläger an der erforderlichen Beschwer. Nach Auffassung des BFH haben die Kläger nämlich weder dargelegt, noch sei sonst ersichtlich, dass die Kläger durch die Aufhebung von gegenüber dem Zeugen D festgesetzten Ordnungsmaßnahmen in ihren Rechten oder rechtlichen Interessen verletzt sein könnten. Die nachträgliche Aufhebung bereits festgesetzter Ordnungsmaßnahmen entspreche der Nichtverhängung von Ordnungsmaßnahmen, bei denen den Beteiligten ebenfalls mangels Beschwer keine Beschwerdeberechtigung zukomme.
3. Beschwerde gegen Auferlegung der Kosten
Soweit sich die Beschwerde der Kläger dagegen gerichtet hat, dass durch den angegriffenen Beschluss vom 4.11.2019 die ursprüngliche Anordnung des FG, wonach dem Zeugen D die durch sein Ausbleiben im Verhandlungstermin vom 27.8.2019 verursachten Kosten auferlegt worden sind, angefochten haben, hat der BFH die Beschwerde der Kläger als zulässig, aber unbegründet angesehen.
Zu den durch das Ausbleiben des Zeugen im Termin verursachten Kosten zählen nach den weiteren Ausführungen des BFH neben den Gerichtskosten auch Anwaltskosten oder Fahrtkosten sowie die Kosten der Parteien. Deshalb seien diese bei einer Ablehnung beschwerdeberechtigt, da die mit dem Ausbleiben des Zeugen verbundenen Kosten in diesem Falle i.R.d. späteren gerichtlichen Kostengrundentscheidung zwangsläufig einem ...