Keine der Parteien eines Fitnessstudiovertrags ging vor dem 16.3.2020 bei Vertragsschluss von behördlich angeordneten, temporären Schließungen aus. Sie fanden in den vertraglichen Regelungen mithin keinen Niederschlag. Daher ist auf die Gesetzeslösung zurückzugreifen. Das haben verschiedene Gerichte mit zum Teil differierenden Ansätzen und Lösungen getan (s.u. im Einzelnen unter III. 2. b) und 4.).
1. Art 240 § 7 EGBGB
Artikel 240 § 7 EGBGB wurde am 17.12.2020 durch das Gesetz zu Miet- und Pachtverhältnissen während der’COVID-19-Pandemie eingeführt. Damit sollte eine den Interessen von Mieter und Vermieter im Gewerberaummietrecht gerecht werdende Regelung für die Pandemieauswirkungen geschaffen werden. Sie gilt ausdrücklich nur für das Mietrecht. Durch sie wird die gesetzliche Vermutung des in’§ 313 BGB enthaltenen realen Elements der schwerwiegenden Änderung von Umständen, die Vertragsgrundlage waren, geschaffen. Dies gilt nur für Verträge, die vor Eintritt der Pandemiemaßnahmen abgeschlossen worden sind. Für alle nach dem 16.3.2020 entstandenen Verträge ist Art. 240 § 7 EGBGB nicht anwendbar. Es gibt keinen Bedarf einer Vertragsanpassung mehr, wenn die Parteien sich bei Vertragsschluss auf die möglichen Umstände einstellen konnten (BT-Drucks 19/25322).
Die Gesetzesbegründung betont, dass diese Regelung nicht in das mietrechtliche und allgemeine Leistungsstörungsrecht eingreift. Damit soll nicht geregelt werden, ob die Schließung ein Mangel i.S.d. Leistungsstörungsrechtes ist. Die Subsidiarität des § 313 BGB wird nicht aufgehoben.
Die gesetzliche Vermutungswirkung bezieht sich im Fall der Anwendung des § 313 BGB lediglich auf eines seiner Merkmale, nämlich die schwerwiegende Änderung von Vertragsumständen. Alle weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB muss der Mieter darlegen und beweisen (z.B. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses, ersparte Aufwendungen, Inanspruchnahme von Kurzarbeit oder anderer staatlicher Hilfen).
Schon mit der ausdrücklichen Geltung für das Mietrecht ist eine Ausdehnung auf Fitnessstudioverträge ausgeschlossen. Auch mit seiner aktuellen Entscheidung zu den Auswirkungen der behördlich angeordneten Schließung auf Gewerberaummietverhältnisse hat der BGH mit Urt. v. 12.1.2022 – XII ZR 8/21 (s. dazu ZAP EN-Nr. 84/2022 [Ls.]; ferner Horst ZAP F. 4 R, S. 1021 ff. [in dieser Ausgabe]) die neu eingeführten Art. 240 § 2 und 7 EGBGB wortlautgetreu i.R.v. Mietverhältnissen ausgelegt. Dafür gibt es den speziellen Art. 240 § 5 EGBGB.
Der Gesetzgeber hat dafür offensichtlich keinen Regelungsbedarf gesehen, sondern ausdrücklich betont, dass sich an anderen als Miet- oder Pachtverhältnissen nichts ändert. Im Gegenteil, in der Gesetzesbegründung wird darauf verwiesen, dass die allgemeinen und mietrechtlichen Gewährleistungs- und Gestaltungsrechte vorrangig zu § 313 BGB sind. Die Vermutungswirkung greift erst ein, wenn § 313 BGB unter Beachtung der Subsidiarität anwendbar ist.
2. Allgemeines Leistungsstörungsrecht
a) Verzug
Die temporäre Leistungsstörung begründet keinen Verzug. Selbiger definiert sich aus der Nichterbringung der Leistung trotz Möglichkeit des Schuldners. Die Öffnung des Fitnessstudios war gerade nicht möglich. Da die Leistungspflicht jeden Monat neu entsteht, ist das tatsächliche Nachholen zur Befriedigung des Gläubigerinteresses innerhalb der Vertragslaufzeit nicht möglich. (LG Osnabrück, Urt. v. 9.7.2021 – 2 S 35/21).
Würde man die Verlängerung der Vertragslaufzeit durch ein Anhängen der Schließzeit nach Beendigung bejahen, läge nach Ansicht der Verf., ein Verstoß gegen § 309 Nr. 9a BGB vor. Die danach zulässige Vertragslaufzeit von max. 24 Monaten würde bei Zwei-Jahres-Verträgen überschritten und für den darauf vertrauenden Kunden u.U. einen Nachteil darstellen. Die Kündigung soll den Vertrag ausdrücklich beenden. Eine Verlängerung würde dem erklärten Gläubigerinteresse entgegenstehen (LG Osnabrück, a.a.O., dem schließt sich LG Würzburg, Urt. v. 27.7.2021 – 11 O 684/21 UWG mit nicht so ausführlicher Begründung an) und unzumutbar in die Dispositionsfreiheit der Parteien eingreifen (AG Frankenthal, Urt. v. 20.7.2021 – 3c C 4/21).
b) Objektive Unmöglichkeit
Vielmehr ist vorliegend von einer objektiven Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB auszugehen. Da sich das gesetzliche Verbot allumfassend auf alle Fitnessstudios und unterschiedslos auf jeden Besucher erstreckte, konnte die Leistung durch niemanden und an keinem Ort erbracht werden (so auch LG’Freiburg, Urt. v. 27.4.2021 – 9 S 41/20; LG Osnabrück, Urt. v. 9.7.2021 – 2 S 35/21; AG Frankenthal, Urt. v. 20.7.2021 – 3c C 4/21).
Auch die weiteren Tatbestandsmerkmale liegen vor. Die Unmöglichkeit ist infolge unabwendbarer höherer Gewalt von keiner der beiden Parteien zu vertreten. Konkret handelt es sich um eine vorübergehende objektive Unmöglichkeit (so auch AG Papenburg, Urt. v. 18.12.2020 – 3 C 337/20).
Mit §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB entfällt die Leistungspflicht des Studios. Die Leistung kann und muss nicht nachgeholt werden.
Im Gegenzug kommt es gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zum Wegfall der Gegenleistungspflicht. des Kunden. Er...