1. Mandatsübernahme
Wie bei allen Mandaten muss sich der Verteidiger/Rechtsanwalt, bevor er ein Mandat zum Betreiben eines Wiederaufnahmeverfahrens annimmt, überlegen, ob er über genügend Zeit und der Mandant über genügend Geld verfügt, um in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob überhaupt hinreichende Erfolgsaussichten für eine Wiederaufnahme bestehen oder ob er in der Lage ist, das Mandat als Pflichtverteidiger zu führen. Dabei muss sich der Verteidiger bei der Prüfung der Erfolgsaussichten seines Rollenwechsels bewusst sein. Kann er sich im Erkenntnisverfahren mit den Zweifeln an der Schuld seines Mandanten begnügen, so muss er im Wiederaufnahmeverfahren wie ein Richter von der Unschuld des Mandanten überzeugt sein (Burhoff/Kotz/Amelung/Werning, RM, Teil B Rn 1068 ff. m.w.N.; zur Vorbereitung des Wiederaufnahmeantrags Burhoff/Kotz/Amelung/Werning, RM, Teil B Rn 1394 ff. m.w.N).
2. Abrechnung der Tätigkeiten des Rechtsanwalts
Im Zweifel wird der Rechtsanwalt im Hinblick auf den erheblichen Arbeitsaufwand, den Wiederaufnahmeverfahren machen, mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung treffen. Insoweit gelten keine Besonderheiten, sondern die allgemeinen Regeln zu § 3a RVG (dazu Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Teil A Rn 2420 ff. m.w.N.).
Hat der Rechtsanwalt keine Vergütungsvereinbarung geschlossen rechnet er sowohl als Wahlanwalt als auch als Pflichtverteidiger nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab, und zwar nach Unterabschnitt 4. Nach der ausdrücklichen Regelung in Vorbem. 4.1.4 VV RVG entsteht keine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und zwar auch nicht für den Rechtsanwalt, der den Verurteilten nicht im Erkenntnisverfahren vertreten hat. Es können aber bis zu vier Geschäfts- bzw. Verfahrensgebühren entstehen: Einmal die Nr. 4136 VV RVG (Geschäftsgebühr für die Vorbereitung des Antrags), die Nr. 4137 VV RVG (Verfahrensgebühr für das Verfahren über die Zulässigkeit des Antrags), die Nr. 4138 VV RVG (Verfahrensgebühr für das weitere Verfahren) und die Nr. 4139 VV RVG (Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren nach § 372 StPO). Kommt es im Wiederaufnahmeverfahren zu einer Verhandlung entsteht die Terminsgebühr Nr. 4140 VV RVG. Wird das Verfahren wiederaufgenommen, entstehen im wiederaufgenommenen Verfahren die allgemeinen Gebühren, also gerichtliche Verfahrensgebühr und ggf. Terminsgebühren. Das Wiederaufnahmeverfahren und das wiederaufgenommene Verfahren sind nach § 17 Nr. 13 RVG verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG. Wegen weiterer Einzelheiten zur Abrechnung wird verwiesen auf die Kommentierung der Gebührenvorschriften bei Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., und auch auf Burhoff RVGreport 2013, 2 ff.
Von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
ZAP F. 22, S. 197–208