a) Allgemeines
Nach § 344 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG ist die Rechtsbeschwerde nur dann ordnungsgemäß begründet, wenn ein Rechtsbeschwerdeantrag gestellt und dieser Antrag ordnungsgemäß begründet wird. Nach § 337 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG kann die Begründung der Rechtsbeschwerde nur auf eine Gesetzesverletzung gestützt werden. Bei der Begründung ist gem. § 344 Abs. 2 StPO – wie bei der Revision – zwischen der Sachrüge und der Verfahrensrüge zu unterscheiden. Nach den Erfahrungen in der Praxis sind die hierfür geltenden Regeln den Verteidigern vielfach nicht hinreichend klar (vgl. dazu eingehend Burhoff/Kotz/Kotz, Rechtsmittel, Rn 1529 ff.; Burhoff/Junker, OWi, Rn 3048 ff.). Die unzutreffende oder auch widersprüchliche Einordnung des Rechtsbeschwerdeangriffs als Verfahrens- oder Sachrüge ist dann unbeachtlich, wenn sich aus der Begründungsschrift – durch Auslegung – deutlich ergibt, welche Rüge gemeint ist (u.a. BGH NJW 2013, 3191; BGH, Urt. v. 21.11.2006 – 1 StR 392/06; BGH, Beschl. v. 1.8.2013 – 2 StR 242/13 [„vollumfänglich” nicht ausreichend]; BGH, Beschl. v. 3.12.2014 – 4 StR 512/14; KG, Beschl. v. 13.10.2011 – 3 Ws (B) 356/11; OLG Bamberg NZV 2011, 44; NStZ-RR 2012, 83). Entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Rüge, sondern ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens des Angeklagten zu entnehmen ist.
b) Rechtsbeschwerdeantrag
Notwendig ist auch im Bußgeldverfahren die im Rechtsbeschwerdeantrag enthaltene Erklärung, inwieweit die Entscheidung des AG angefochten und deren Aufhebung beantragt wird. Zwar ist das Fehlen eines Antrags unschädlich, wenn das Ziel der Rechtsbeschwerde aus der Begründungsschrift und dem bisherigen Verfahrensablauf erkennbar ist (BGH NStZ 1990, 96; NStZ-RR 2000, 38 [K]; 2010, 104 [Ci/Zi]; BGH, Beschl. v. 22.4.2009 – 1 StR 131/09; OLG Hamm StV 1982, 170; OLG Düsseldorf NZV 1988, 195 f.), jedoch sollte in der Praxis der Verteidiger aus Gründen der Klarheit auf einen ordnungsgemäßen Rechtsbeschwerdeantrag achten. Es kann Fallgestaltungen geben, in denen es unklar bleibt, was der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt. So führt das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags z.B. dann zur Unzulässigkeit, wenn bei einer Verurteilung wegen zweier Taten einerseits ohne ausdrückliche Einschränkung eine Verletzung des sachlichen Rechts gerügt wird, andererseits die Rechtsbeschwerdebegründung sich nur mit einer der beiden Taten befasst (BayObLG DAR 1985, 247).
c) Rechtsbeschwerdebegründung
aa) Allgemeines
Eine Begründung der Rechtsbeschwerde ist unerlässlich, sonst ist sie unzulässig (vgl. OLG Karlsruhe VRS 64, 4 m.w.N.). Gerügt werden können nur Rechtsfehler. Die tatsächlichen Feststellungen überprüft das Rechtsbeschwerdegericht grds. nicht. Deshalb kann eine Rechtsbeschwerde, die sich darin erschöpft, die vom AG getroffenen tatsächlichen Feststellungen anzugreifen, etwa indem nur die vom AG vorgenommene Beweiswürdigung angegriffen wird, unzulässig sein (KG VRS 65, 212). Geltend gemacht werden können mit der Rechtsbeschwerde auch die sog. absoluten Revisionsgründe des § 338 StPO (vgl. dazu Burhoff/Kotz/Junker, Rechtsmittel, Teil A Rn 2292 ff.).
bb) Frist
Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss nach § 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG binnen eines Monats erfolgen. Diese Frist beginnt i.d.R. erst mit der Zustellung des schriftlich begründeten Urteils. Für die Berechnung der Frist gelten die allgemeinen Regeln des § 43 StPO (vgl. zu den Einzelheiten Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2021, § 43 Rn 1 ff.). Die Begründungsfrist beginnt also mit der Zustellung und endet im nächsten Monat mit Ablauf des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
cc) Form
Die Rechtsbeschwerdebegründung muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen. Die Ausführungen zur Einlegung bei III. 3. gelten entsprechend.
Aus der Rechtsbeschwerdebegründung muss sich ergeben, dass der Verteidiger an der Erstellung gestaltend mitgewirkt hat oder er zumindest für ihren Inhalt die volle Verantwortung übernimmt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; § 345 Rn 14 ff. m.w.N.; dazu u.a. BGH NJW 2012, 1783; NJW 2014, 3320). Der Verteidiger muss alles vermeiden, was zu Zweifeln an der vollen Übernahme der Verantwortung führen kann. Die Rspr. ist hier streng. Formulierungen wie „Nach Auffassung des Betroffenen (...)” oder „Auf Wunsch meines Mandanten trage ich noch vor (...)” oder „Der Betroffene lässt vorbringen (...)” oder: „Herr X rügt (...)” führen zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (BGH NJW 2012, 1748; NStZ 2004, 166; NStZ-RR 2002, 309; 2014, 320; OLG Hamm StraFo 2000, 345; OLG Rostock NJW 2009, 3670 [Ls]).
Entsprechendes gilt für die Unterschrift des Rechtsanwalts/Verteidigers. Ergibt sich aus einem Zusatz und/oder aus sonstigen Umständen, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung nicht übernommen hat, ist die Unterschrift unwirksam (so grds. auch BGH NJW 2014, 3320; s. z.B. OLG Düsseldorf NJW 1990, 1002 [nur Stempel und Unterschrift des Rechtsanwalts auf dem vom Antragsteller selbst verfassten Schriftsatz]; OLG Fr...