1. Allgemeines
Mit dem Zulassungsantrag (vgl. oben III.) nach § 80 Abs. 3 OWiG muss beantragt werden, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil zuzulassen. Damit ist automatisch vorsorglich Rechtsbeschwerde eingelegt, ohne dass dies im Antrag ausdrücklich gesagt werden muss.
Für den Zulassungsantrag gelten nach § 80 Abs. 3 S. 1 OWiG die allgemeinen Vorschriften über Rechtsmittel (§§ 297–303 StPO) entsprechend. Für die Form und Frist des Zulassungsantrags gilt § 341 Abs. 1 StPO, den § 79 Abs. 4 OWiG ergänzt, sowie die §§ 342, 344, 345 StPO entsprechend (s. im einzelnen oben IV.). Der Zulassungsantrag ist daher von vornherein unzulässig, wenn er nicht erkennen lässt, inwieweit das Urteil angefochten werden soll, welcher Antrag gestellt und welche Rüge erhoben wird, oder wenn den Anforderungen für diese Rüge nicht genügt wird (vgl. z.B. OLG Köln VRS 78, 467; zum Zulassungsantrag bei [behaupteter] nicht ausreichender Akteneinsicht KG, Beschl. v. 3.6.2021 – 3 Ws (B) 148/21). Es gelten also die allgemeinen Grundsätze für die Einlegung der Rechtsbeschwerde. Werden mit dem Zulassungsantrag Verfahrensrügen erhoben, so müssen sie innerhalb der Begründungsfrist formgerecht vorgebracht werden (OLG Düsseldorf VRS 64, 41; OLG Hamm VRS 46, 305; eingehend zur Begründung des Zulassungsantrags Herrmann, VRR 2014, 128 ff.).
2. Besondere Fälle
a) Fehlerhafte Behandlung eines Beweisantrags
Auch die fehlerhafte Behandlung eines Beweisantrags kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde erforderlich machen. Das ist der Fall, wenn der Amtsrichter Beweisanträge der Verteidigung in der Hauptverhandlung ohne Angabe von Gründen ablehnt. Aus § 77 Abs. 3 OWiG ist abzuleiten, dass ein Beweisantrag, der in der Hauptverhandlung gestellt worden ist, stets nur durch begründeten Beschluss abgelehnt werden darf. Lediglich bei der Ablehnung eines Beweisantrags nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann die Begründung i.d.R. darauf beschränkt werden, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei (wegen der Einzelh. Burhoff/Burhoff, HV, Rn 1527 ff.).
b) Unzulängliche oder fehlende Urteilsgründe
Häufig sind die Urteilsgründe der amtsgerichtlichen Entscheidung unzulänglich, gelegentlich fehlen sie auch, obwohl die Voraussetzungen für ein Absehen von der Urteilsbegründung nach § 77b OWiG nicht vorgelegen haben, ganz. Ist Letzteres der Fall, wird jedoch nicht allein deshalb die Rechtsbeschwerde zugelassen. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 1 und 2 OWiG anhand des abgekürzten Urteils, des Bußgeldbescheides, des Zulassungsantrags und sonstiger Umstände, die auch aus ggf. nachgeschobenen Urteilsgründen hergeleitet werden können, erforderlich (BGHSt 42, 187 = NJW 1996, 3157 = NStZ 1997, 39 = VRS 92, 135; KG VRS 82, 135 m.w.N.; OLG Bamberg StraFo 2010, 468; OLG Düsseldorf DAR 2020, 50; OLG Köln NZV 1997, 371; OLG Stuttgart NZV 2009, 522; Burhoff/Junker, OWi, Rn 3244). Handelt es sich um ein abgekürztes Urteil, gilt das entsprechend (zu einem Sonderfall OLG Köln NZV 1997, 411).
Entsprechend angewendet werden die Grundsätze auch bei „nur” unzulänglichen Urteilsgründen (OLG Köln VRS 75, 116; OLG Düsseldorf VRS 81, 375;) oder wenn nach § 77b OWiG rechtsfehlerhaft von einer Urteilsbegründung abgesehen worden ist (OLG Hamm VRS 74, 447; s.a. OLG Hamm JMBl. NW 1980, 69; OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 244 [Zulassung, um einer derart fehlerhaften Abfassung der Urteilsgründe entgegenzuwirken, nach deren Inhalt nicht mehr erkennbar ist, ob die Einheitlichkeit der Rspr. gewahrt ist]).
In diesen Fällen ist dem Verteidiger dringend zu empfehlen, den Zulassungsantrag zu begründen und im Einzelnen darzulegen, warum sich bei ordnungsgemäßer Begründung des Urteils ein Zulassungsgrund ergeben würde (zur Begründung des Zulassungsantrags eingehend Herrmann, VRR 2014, 128 ff.).