a) Beschränkte Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG)
Natürliche Personen sind nach ihrem Wegzug und dem damit verbundenen Verlust ihres steuerlichen Wohnsitzes oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland gem. § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig, wenn sie sog. inländische Einkünfte i.S.v. § 49 EStG erzielen. Anknüpfungspunkt der Steuerpflicht ist hier weniger die Person des Steuerpflichtigen als vielmehr die Quelle, aus der er seine Einkünfte bezieht (Schmidt/Loschelder, § 49 EstG Rn 1).
Die für Wegziehende wohl wichtigsten Fälle der beschränkten Steuerpflicht sind:
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den in Deutschland eine Betriebsstätte besteht oder ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG);
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG);
- Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird, oder Einkünfte, die als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 4a, c EStG);
- Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz (z.B. die Dividenden zahlende AG) in Deutschland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5a EStG); sowie
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn das unbewegliche Vermögen mit dem Inland verknüpft ist, z.B. im Inland belegen ist, und soweit diese Einkünfte nicht zu den Einkünften i.S.d. Nr. 1–5 des § 49 Abs. 1 EStG gehören (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG).
Betriebsausgaben und Werbungskosten sind nach § 50 Abs. 1 S. 1 EStG bei beschränkter Steuerpflicht ebenfalls grundsätzlich abziehbar, soweit sie mit den inländischen Einkünften nach § 49 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist also nicht vonnöten (Schmidt/Loschelder, § 50 EstG Rn 7).
b) Erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht (§ 2 AStG)
Nach § 2 AStG sind natürliche Personen, die in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht als Deutsche insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren, die in einem sog. Niedrigsteuerland ansässig oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig sind und im Inland wesentliche wirtschaftliche Interessen haben, erweitert beschränkt einkommensteuerpflichtig. Diese erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht besteht nach § 2âEUR™Abs.âEUR™1âEUR™S. 1 AStG bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem der Wegzug erfolgte. Dabei entsteht die erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 S. 2 AStG nur für Veranlagungszeiträume, in welchen die entsprechenden Einkünfte 16.500 EUR übersteigen.
Die erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich über die beschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 49 Abs. 1 EStG hinaus auf alle Einkünfte, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.v. §§ 34c Abs. 1, 34d EStG (sog. erweiterte Inlandseinkünfte) sind (BFH, Urt. v. 19.12.2007 – I R 19/06, IStR 2008, 367).
Die für Wegziehende wichtigsten Fälle erweiterter Inlandseinkünfte dürften sein:
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die weder einer inländischen noch ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind;
- Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn der Schuldner (z.B. die zinszahlende Bank) unbeschränkt steuerpflichtig ist;
- Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung beweglichen Vermögens im Inland (sofern nicht zu einem im Ausland belegenen Sachinbegriff gehörend) sowie
- Einkünfte aus Spekulationsgeschäften i.S.v. § 22 Nr. 2 EStG, wenn die veräußerten Wirtschaftsgüter nicht im Ausland belegen sind.
Die erweiterten Inlandseinkünfte werden nach § 2 Abs. 5 AStG einer sog. Vollprogression unterworfen, d.h. es wird der Steuersatz erhoben, der sich für sämtliche Einkünfte des Steuerpflichtigen ergibt. Durch planerische Maßnahmen vor dem Wegzug kann jedoch eine Minimierung der Einkünfte, die der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen, erreicht werden.
c) Entnahmefiktion bei Steuerentstrickung (§ 4 Abs. 1 S. 3 EStG)
Nach der durch das SEStEG vom 13.12.2006 (BGBl 2006 I, S. 2782) eingeführten Vorschrift zur gegenständlichen Entstrickung begründet die einkommensteuerliche Beschränkung (z.B. bei Doppelbesteuerungsabkommen/DBA mit Anrechnungsmethode oder bei Fehlen eines DBA) oder der Ausschluss (z.B. bei DBA mit Freistellungsmethode) des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit einem Wegzug (ohne Veräußerung oder Entnahme) die Fiktion einer Entnahme.
Nach der Gesetzesbegründung zum SEStEG soll diese Vorschrift lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung sein, womit insbesondere die rückwirkende Anwendbarkeit ab 2006 begründet wird (BT-Drucks 16/2710, S. 28). Dem ist nicht zu folgen. Vielmehr gab es bis zur Einführung dieser Vorschrift durch das SEStEG keinen allgemeinen Entstrickungsgrundsatz (Pohl, IFA Nationalbericht 2002, 273, 275). Die Verwaltung musste in der Vergangenheit das Vorliegen der Voraussetzungen der leges speciales § 4 Abs. 1 S. 2 EStG (Entnahme) oder § 16 Abs. 3 EStG (Bet...