a) Erweitert unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG)
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG tritt die erweitert unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht ein, wenn der Erblasser zur Zeit des Todes oder der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer sich als deutscher Staatsangehöriger nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten hat, ohne in Deutschland einen Wohnsitz zu haben. Dabei ist zu beachten, dass die Steuerpflicht sowohl an den Erblasser/Schenker als auch an den Erwerber geknüpft ist, d.h. dass sowohl der Erblasser/Schenker als auch der Erwerber schon länger als fünf Jahre einen Wohnsitz im Ausland haben muss, um nicht die deutsche erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht auszuhöhlen. Ist die Fünf-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen, kann die deutsche erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nur durch einen Staatsangehörigkeitswechsel sowohl auf Seiten des Erblassers/Schenkers als auch auf Seiten des Erwerbers vermieden werden (Kapp/Ebeling, ErbStG, § 2 Rn 12).
Zwar ist die von Haag (ZErb 2018, 262) angesprochene unschädliche Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland juristisch richtig. Faktisch wird es u.E. aber schwierig werden, dem zuständigen Finanzamt die Feinheiten zwischen dem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nach § 9âEUR™AO und dem Wohnsitz in einem anderen Staat, ggf. noch dazu in einem Niedrigsteuergebiet, so darzulegen, dass der Mandant hier mit Fragebögen, Steuererklärungsanforderungen oder gar Steuerstrafverfahren überzogen wird.
b) Beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)
Darüber hinaus sieht das deutsche Steuerrecht noch die beschränkte und die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht vor. Diese beiden Tatbestände sind subsidiär zur erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG.
Nach der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG geregelten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht ist der Vermögensanfall in Form von inländischem Vermögen i.S.d. § 121 BewG steuerbar (z.B. inländisches Grund- und Betriebsvermögen, Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals hält, Wachter, ErbStB 2004, 25). Die beschränkte Steuerpflicht tritt mit anderen Worten also nur dann ein, wenn Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG durch Erbfall oder Schenkung von einem Nicht-Inländer auf einen anderen Nicht-Inländer übergeht (Kapp/Ebeling, a.a.O., § 2 Rn 31).
Im Rahmen der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht stand nach § 16 Abs. 2 ErbStG a.F. nur ein reduzierter Freibetrag von 2.000 EUR zur Verfügung. Der EuGH schob dieser gegen Europarecht verstoßenden Regelung einen Riegel vor, sodass grundsätzlich die „vollen” Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG auch bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht zu gewähren sind (EuGH, Urt. v. 8.6.2016 – C-479/14). Mit der zum 25.6.2017 in Kraft getretenen Neufassung des § 16 Abs. 2 ErbStG sind die Freibeträge jedoch nach § 16 Abs. 1 ErbStG bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht um einen Teilbetrag zu mindern. Dieser Teilbetrag entspricht gem. § 16 Abs. 2 S. 2 ErbStG dem Verhältnis der Summe der Werte des in demselben Zeitpunkt erworbenen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens und derjenigen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögensvorteile, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen sind, zum Wert des Vermögens, das insgesamt innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen ist. Die früheren Erwerbe sind nach § 16 Abs. 2 S. 3 ErbStG mit ihrem früheren Wert anzusetzen.
c) Erweitert beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht (§ 4 Abs. 1 AStG)
Dazu kommt die erweitert beschränkte Steuerpflicht nach § 4 Abs. 1 AStG. Dieser Tatbestand kommt i.d.R. in einem Fünf-Jahres-Zeitfenster zur Anwendung, nämlich zwischen dem Ablauf der erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG nach fünf Jahren nach dem Wegzug und der in § 2 AStG festgelegten Zehn-Jahres-Periode (Bischoff/Kotyrba, BB 2002, 382, 388). Gibt der Steuerpflichtige die deutsche Staatsangehörigkeit während des Zeitraums der erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auf, unterliegt er nur noch der Besteuerung nach § 4 AStG (Wöhrle/Schelle/Gross, AStG-Kommentar, § 4 Rn 4).
Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht tritt bei gleichzeitigem Vorliegen der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 S. 1 AStG und der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ein. In diesem Fall tritt die Steuerpflicht über den dort bezeichneten Umfang hinaus für alle Teile des Erwerbs ein, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.v. § 34c Abs. 1 EStG wären (sog. erweitertes Inlandsvermögen). Damit werden über die in § 121 BewG genannten Wirtschaftsgüter hinaus u.a. auch folgende Wirtschaftsgüter erfasst: Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland; Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland; Aktien und Anteile an Kapit...