Dieser Sperrtatbestand kommt lediglich bei Prüfungen zur Anwendung, in denen eine schriftliche Prüfungsanordnung (§ 196 AO) bekannt gegeben wird (z.B. Betriebsprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung oder Lohnsteueraußenprüfung).
Nichtige Prüfungsanordnungen schließen die Selbstanzeige nicht aus (BGH, Beschl. v. 16.6.2005 – 5 StR 118/05, wistra 2005, 381; Zanziger DStR 2011, 1397). Bei bloß rechtswidrigen Prüfungsanordnungen ist dies demgegenüber umstritten, wobei die h.L. eine Sperrwirkung bejaht (Klein, AO, 12. Aufl., § 371 Rn. 39d; Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, Loseblatt, § 371 Rn. 170; a.A. Adick HRRS 2011, 197).
In personeller Hinsicht ist der Sperrgrund zum 1.1.2015 erweitert worden. Nunmehr tritt die Sperre ein, wenn dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten i.S.d. § 370 Abs. 1 AO oder dessen Vertreter die Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist. Mit dem Begriff "Beteiligter" werden grundsätzlich auch Anstifter und Gehilfen einbezogen, wenn ihnen eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich die Sperrwirkung darüber hinaus auch dann auf Anstifter und Gehilfen ("Beteiligte") erstrecken, wenn allein dem Täter eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist (BT-Drucks. 18/3018, S. 11). Da nach dem Gesetzeswortlaut jedoch eine Prüfungsanordnung "dem" an der Tat Beteiligten (und nicht "einem" an der Tat Beteiligten) bekannt gegeben werden muss, findet diese personenübergreifende Sichtweise zulasten Dritter nicht ohne weiteres im Gesetzeswortlaut ihren Niederschlag. Insofern kann die Auffassung des Gesetzgebers bezweifelt werden (Thonemann-Micker/Kanders DB 2014, 2125; Joecks DStR 2014, 2263 für den vergleichbaren Sperrgrund der Verfahrenseinleitung). Mit der Aufnahme des "Begünstigten" i.S.d. § 370 Abs. 1 AO soll neuerdings der Fall der ausgeschiedenen Mitarbeiter erfasst werden (BT-Drucks. 18/3018, S. 11). Soweit dem Unternehmen ("Begünstigter" i.S.d. § 370 Abs. 1 AO) oder dessen Vertreter eine Prüfungsmitteilung bekannt gegeben wird, sollen auch die für die Steuerhinterziehung verantwortlichen, aber bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter keine wirksame Selbstanzeige mehr abgeben können. Auch hier ist jedoch der nicht eindeutige Gesetzeswortlaut zu beachten ("dem" statt "einem" Begünstigten), so dass diese personenübergreifende Sichtweise nicht zweifelsfrei ist. Für eine streng auf die betroffene Person bezogene Auffassung spricht zudem, dass die Selbstanzeige als persönlicher Strafaufhebungsgrund grundsätzlich einzelpersonenbezogenen Charakter hat und personenübergreifende Wirkungen dem § 371 AO grundsätzlich fremd sind. Unter "Begünstigter" i.S.d. § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO dürfte der nach § 371 Abs. 3 AO Nachzahlungspflichtige zu verstehen sein (Joecks DStR 2014, 2261; Schwartz PStR 2015, 37).
Prüfungsanordnungen werden in der Praxis mit einfachem Brief bekannt gegeben (§§ 196, 122 AO), so dass für den Eintritt der Sperrwirkung nach umstrittener Auffassung die gesetzliche Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO ("3-Tages-Fiktion") eingreift (Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, Loseblatt, § 371 Rn. 167; Wulf/Talaska PStR 2011, 175; Roth PStR 2011, 202; a.A. Prowatke/Felten DStR 2011, 899).
Praxishinweis:
Damit eröffnet sich für den Steuerpflichtigen ggf. ein dreitägiges Zeitfenster in dem er trotz bereits erhaltener Prüfungsanordnung noch wirksam Selbstanzeige erstatten kann.
Seit dem 1.1.2015 ist die Sperrwirkung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung beschränkt und infiziert damit nicht weitere Veranlagungszeiträume. Zusammen mit der neuen Regelung des § 371 Abs. 2 S. 2 AO hat der Gesetzgeber zudem klargestellt, dass die Sperrwirkung einer Außenprüfung nicht die Wirksamkeit einer weitergehenden Selbstanzeige für von der Außenprüfung nicht umfasste Zeiträume beeinträchtigt.
Praxishinweise:
Damit sind trotz Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO weiter wirksame Selbstanzeigen für davon abweichende Veranlagungszeiträume möglich, womit letztlich das Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO eingeschränkt und in gewisser Form Teilselbstanzeigen wieder zulässig werden. Da die Sperrwirkung generell auf den zeitlichen Umfang der Außenprüfung bezogen ist, gilt dies quasi doppelt: Einmal für die in der Prüfungsanordnung genannten Veranlagungszeiträume, aber auch für die Außenprüfung selbst, so dass die Möglichkeit der Selbstanzeige insgesamt wieder auflebt (also auch für die ehemals der Prüfung unterzogenen Zeiträume), wenn die Prüfung beendet worden ist (Wiederaufleben der Selbstanzeige, Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl. 2012, Rn. 581i; Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 1. Aufl., § 371 Rn. 92).