Steuerfreiheit greift nur dann ein, wenn der an der Tat Beteiligte die bereits eingetretene Steuerverkürzungen bzw. ungerechtfertigt erlangten Steuervorteile wieder ausgleicht und die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb einer von den Behörden gesetzten Frist zurückzahlt. Soweit noch keine Steuerverkürzungen eingetreten sind – etwa bei Versuchstaten – ist eine Nachzahlung denklogisch ausgeschlossen und muss daher nicht geleistet werden. Nach der Neufassung des Gesetzes im Jahr 2011 führen Teilzahlungen nicht mehr zur Straffreiheit. Dabei ist allerdings umstritten, ob auf die einzelne Tat (Steuerpflichtiger, Steuerart, Besteuerungszeitraum, vgl. Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, Loseblatt, § 371 Rn. 404; Rolletschke/Roth StRR 2011, 171; danach wäre für bezahlte Einzeltaten Straffreiheit zu gewähren, auch wenn insgesamt nicht alle Veranlagungszeiträume nachentrichtet wären) oder auf die gesamte Selbstanzeige (alle offenbarten Steuerverkürzungsbeträge als Gesamtbetrag) abzustellen ist (vgl. FM NRW, Erlass v. 14.6.2011 – S 0702 – 8 – V A 1, www.iww.de, Abruf-Nr. 111881).
Hinweis:
Seit dem 1.1.2015 muss der Anzeigenerstatter zudem die auf die Steuerstraftaten entfallenden Hinterziehungszinsen zahlen (§ 371 Abs. 3 AO).
1. Nachzahlungsverpflichteter
Zur Steuernachentrichtung verpflichtet ist, wer "zu seinen Gunsten" hinterzogen hat. Dies ist zunächst der Steuerpflichtige (Stahl, Selbstanzeige, 3. Aufl., Rn. 169). Ob ein Tatbeteiligter "zu seinen Gunsten" hinterzieht, bestimmt sich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise (BGH, Urt. v. 4.7.1979 – 3 StR 130/79, NJW 1980, 248). Erforderlich ist die Erlangung eines unmittelbaren Vorteils, wie dies bspw. bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH aufgrund der wirtschaftlichen Identität mit der GmbH der Fall ist (von Briel/Ehlscheid, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 2 Rn. 104).
2. Nachzahlungsfrist
Die Nachzahlung muss innerhalb einer dem Nachentrichtungsverpflichteten gesetzten angemessenen Frist erfolgen. Ein zur Nachentrichtung Verpflichteter hat einen Rechtsanspruch auf Fristsetzung (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.12.2006 – 2 Ss 129/06, wistra 2007, 159; MüKo, Nebenstrafrecht II, 1. Aufl., § 371 Rn. 130). Ist die Frist unangemessen kurz, entfaltet sie keinerlei Rechtswirkungen (Klein, AO, 12. Aufl., § 371 Rn. 92). Zur Frage der angemessenen Fristdauer liegen unterschiedliche Einzelfallentscheidungen vor (AG Saarbrücken, Beschl. v. 21.6.1983 – 9 As 86/83, wistra 1983, 268 – sechs Monate unangemessen; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.4.1974 – 1 Ss 8/74, NJW 1974, 1577 – ein Monat angemessen, wenn zwischen Selbstanzeige und Nachfristsetzung ca. 15 Monate liegen; LG Koblenz, Beschl. v. 13.12.1985 – 105 Js (Wi) 17.301/83 – 10 KLs, wistra 1986, 79 – acht Tage unangemessen; LG Hamburg, Urt. v. 4. 3. 1987 – (50) 187/86 Ns, wistra 1988, 317 – acht Tage angemessen, wenn der Täter zuvor monatelang positiv wusste, dass er die offenbarten Steuern zur Erlangung der Straffreiheit noch entrichten muss).
Hinweis:
Ob gegen die Fristsetzung eine Beschwerdemöglichkeit (§ 304 StPO) besteht, ist noch nicht abschließend geklärt (LG Kassel, Beschl. v. 2.4.2004 – 6 Qs 16/03, StV 2006, 697; Rolletschke DStZ 1999, 287).
3. Nachzahlungsumfang: Steuern und Hinterziehungszinsen
Die Nachzahlungspflicht umfasst die strafrechtlich verkürzten Steuern einschließlich Steuerzuschläge (Solidaritätszuschlag), nicht jedoch steuerliche Nebenleistungen i.S.d. § 3 Abs. 3 AO (z.B. Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Stundungszinsen, Klein, AO, 12. Aufl., § 371 Rn. 86). Die Steuernachentrichtung muss nicht zwingend durch denjenigen erfolgen, der den wirtschaftlichen Vorteil aus der entsprechenden Steuerhinterziehung erlangt hat. Haben mehrere Tatbeteiligte Steuern hinterzogen, so beschränkt sich der jeweilige Nachzahlungsbetrag darauf, welche Beträge zugunsten des jeweiligen Tatbeteiligten hinterzogen wurden (von Briel/Ehlscheid, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 2 Rn. 107).
Bei einer Steuerverkürzung auf Zeit bestimmt sich der Nachentrichtungsumfang nicht nach dem eingetretenen Verspätungsschaden, sondern nach der vollen Höhe der verkürzten Steuer (BGH, Urt. v. 17.3.2009 – 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221 = wistra 2009, 355; Klein, AO, 12. Aufl., § 371 Rn. 84). Ergibt sich eine Steuerverkürzung i.S.d. § 370 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Hs. 1 AO nur durch die Anwendung des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 S. 3 AO), so ist im Ergebnis gar kein "Steuerschaden" eingetreten. Da dem Fiskus bei steuerehrlichem Verhalten keine weiteren Beträge zugeflossen wären, würde es keinen Sinn ergeben, eine weitergehende Steuernachentrichtung zur Erlangung der Straffreiheit zu verlangen.
Ist der Selbstanzeigeerstatter wirtschaftlich nicht dazu in der Lage, die Steuern nachzuentrichten (Unvermögen), geht dies zu seinen Lasten. Die fristgerechte Nachentrichtung ist objektive Bedingung der Strafaufhebung (BGH, Beschl. v. 20.5.2010 – 1 StR 577/09, BGHSt 55, 180 = wistra 2010, 304; Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, Loseblatt, § 371 Rn. 364).
Seit dem 1.1.2015 ist für eine wirksame Selbstanzeige auch die Zahlung der auf die Steuerst...