In den vergangenen Jahren hat der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh mehrfach den BGH beschäftigt, bevor dieser das Verfahren, das bundesweites Aufsehen erregt hatte, materiell durch die Endentscheidung im Urteil v. 4.9.2014 (4 StR 473/13, NJW 2015, 96, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen) seinen Abschluss gefunden hat. Das Verfahren hatte auch einen kostenrechtlichen Aspekt, zu dem der BGH in seinem Beschluss Beschl. v. 8.10.2014 (4 StR 473/14, NStZ-RR 2014, 390) Stellung genommen hat. Es ging dabei um die Frage der Anwendung der Vorschrift des § 465 Abs. 2 StPO, die ein Schattendasein führt, wenn im Strafverfahren durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter Umstände besondere Auslagen entstanden und diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind.
Im Verfahren Jalloh hatte das LG Dessau-Roßlau den Angeklagten 2008 vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der BGH dieses Urteil dann mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an das LG Magdeburg zurückverwiesen. Dieses verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe. Ferner verpflichtete es den Angeklagten, die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten, die für die Gutachtenerstattung eines Sachverständigen entstanden waren, und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen des Angeklagten, von drei Nebenklägern und der StA hat der BGH erneut – mit Urt. v. 4.9.2014 (4 StR 473/13, NJW 2015, 96) – verworfen. Mit seiner gegen die Kostenentscheidung des LG Magdeburg gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Angeklagte geltend gemacht, dass – mit einer entsprechenden Kostenfolge – ein Teilfreispruch geboten gewesen wäre und "nur in minimalem Umfang zu den Tatsachen und Rechtsansichten verhandelt [worden sei], die jetzt zur Verurteilung" geführt hätten. Zudem sei "die Überbürdung der Gesamtkosten ... unverhältnismäßig".
Das Rechtsmittel hatte beim BGH (Beschl. v. 8.10.2014 – 4 StR 473/14, NStZ-RR 2014, 390) keinen Erfolg. Der BGH erörtert in dem Zusammenhang die Frage, ob ggf. auf der Grundlage von § 465 Abs. 2 StPO nicht eine von der landgerichtlichen Kostenentscheidung abweichende Auslagenverteilung veranlasst gewesen wäre. Nach § 465 Abs. 2 StPO hat das Gericht die entstandenen Auslagen ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, wenn durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter Umstände besondere Auslagen entstanden sind, diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind und es unbillig wäre, den Angeklagten mit diesen Auslagen zu belasten (vgl. BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 3). Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Entscheidend dafür ist, ob die tatsächlich erfolgten Untersuchungen auch dann notwendig gewesen wären, wenn Anklage und Eröffnungsbeschluss von vornherein dem späteren Urteil entsprochen hätten (BGH NStZ 1982, 80; KK-StPO/Gieg, 7. Aufl. 2013, § 465 Rn. 5). Diese Voraussetzungen seien jedoch – so der BGH – nicht allein deswegen erfüllt, weil die Verurteilung leichter wiegt als der ursprüngliche Vorwurf und die Tateinheit zwischen dem zur Verurteilung gelangten und dem ursprünglich erhobenen Tatvorwurf einen Teilfreispruch nicht zulässt (BGH NStZ 1986, 210 bei Pfeiffer; KK-StPO/Gieg a.a.O.). Zwar könne auch in solchen Fällen eine Quotelung erfolgen (vgl. u.a. BGH StraFo 2005, 438). Der BGH verweist dann darauf, dass angesichts der Besonderheiten des Falls eine weitere Aufteilung der angefallenen Auslagen auch unter Berücksichtigung von deren Höhe nicht geboten gewesen sei. Denn die Einholung der Sachverständigengutachten und die Vernehmung der Zeugen wären zur gesetzlich gebotenen Sachaufklärung veranlasst und auch dann unerlässlich gewesen, wenn die Anklage von vornherein nicht auf Körperverletzung mit Todesfolge, sondern auf fahrlässige Tötung gelautet hätte (BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 2; vgl. dazu OLG Rostock, NStZ 2001, 199).
Hinweise:
Verteidiger sollten die Vorschrift des § 465 Abs. 2 StPO, mit der sich die Gerichte manchmal schwer tun, nicht übersehen, weil in ihr eine Menge Geld für den Mandanten stecken kann. Deshalb sollte in geeigneten Fällen ein entsprechender Antrag ggf. schon im Plädoyer gestellt bzw. der Weg über die sofortige Beschwerde zum Beschwerdegericht gegangen werden.
Dazu geeignet sind nicht nur "große Fälle/Verfahren", sondern auch die Alltagsfälle. So kann die Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO z.B. dazu führen, dass dann, wenn ein wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB Angeklagter im Ergebnis neben der Verhängung eines Fahrverbots nach § 25 Abs. 1 StVG "nur" zu einer Geldbuße wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 24a Abs. 1, 3 StVG verurteilt wird – eine in der Praxis nicht seltene Konstellation –, die Kosten, die durch den Transport zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration...