In keinem anderen akademischen Beruf liegen die niedrigsten und höchsten Einstiegsgehälter angestellter Berufseinsteiger so weit auseinander wie bei Rechtsanwälten. Im Vergleich mit anderen akademischen Berufen verdienen Junganwälte zwar leicht überdurchschnittlich, finden sich aber nur im Mittelfeld des Gehaltsrankings. Dies hat das Soldan-Institut im Rahmen einer Studie herausgefunden, an der sich 3.500 Anwälte beteiligt haben. Für die Analyse der Einstiegsgehälter wurde die Teilgruppe der 230 jungen Rechtsanwälte herangezogen, die im Jahr 2010 den Anwaltsberuf in Vollzeit aufgenommen hat.
Deutlich besser als junge Anwälte verdienen im ersten Berufsjahr Elektro-, Wirtschafts- und Maschinenbauingenieure. Sie erzielen je nach Fachrichtung ein zwischen 10 und 25 % höheres mittleres Einstiegsgehalt. Die Anwälte liegen auf einem annähernd identischen Einkommensniveau wie Betriebswirte (+1 %) und Psychologen (-4 %). Merklich weniger verdienen Volkswirte (-12 %), Sozialpädagogen (-26 %) und Architekten (-34 %). Absolventen, die nicht in die Anwaltschaft gehen, sondern Richter, Staatsanwalt oder Unternehmensjurist werden, verdienen zu Beginn ihrer Karriere geringfügig mehr als ihre Kommilitonen, die sich für den Anwaltsberuf entschieden haben (+4 %).
Das ermittelte Durchschnittsgehalt von Junganwälten ist Resultat einer extremen Spannbreite möglicher Einstiegsgehälter: Sie reicht von deutlich weniger als 2.000 EUR pro Monat bis hin zu fünfstelligen Monatsgehältern. "Der Anwaltsberuf ist der akademische Beruf, in dem sich für Berufseinsteiger besonders hohe, aber auch besonders niedrige Gehälter erzielen lassen. Vergleichsweise prekäre Einkommensverhältnisse sind bei Rechtsanwälten deutlich häufiger als bei Angehörigen anderer akademischer Berufe festzustellen – andererseits gibt es auch Spitzengehälter, von denen andere Universitätsabsolventen nur träumen können", erläuterte der Direktor des Soldan Instituts Prof. Dr. Matthias Kilian.
Typischerweise bewegen sich Einstiegsgehälter von Akademikern in einem Bereich von 38.000–47.000 EUR. In dieser Größenordnung liegen 70 % aller Ingenieure und Informatiker, 67 % der Wirtschaftswissenschaftler und 59 % der Naturwissenschaftler. Hingegen berichteten dem Soldan Institut nur 20 % der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte eines ausgewählten Zulassungsjahrgangs, dass sie bei Berufseinstieg ein solches Jahreseinkommen verdienten. Viele Befragte verdienen deutlich mehr oder deutlich weniger: 23 % der Nachwuchsanwälte konnten ein Jahresgehalt von 59.000 EUR und mehr erzielen, 29 % mussten sich aber mit 32.000 EUR oder weniger begnügen. Die Vergleichswerte für die Summe aller akademischen Berufe liegen mit 8 % bzw. 2 % deutlich niedriger. "Insgesamt lässt sich die These, dass es keinen akademischen Beruf mit zugleich so guten und so schlechten Einkunftsmöglichkeiten gibt wie den Anwaltsberuf, ohne weiteres empirisch belegen", resümierte Kilian.
[Quelle: Soldan]