Zur strafrechtlichen Erfassung beharrlicher Nachstellungen wurde im Jahr 2007 der § 238 in das StGB eingefügt. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass das Ziel des Gesetzgebers, einen besseren Opferschutz zu gewährleisten, damit nur eingeschränkt erreicht wird. Grund dafür ist, dass der Tatbestand nur dann erfüllt ist, wenn die Tat eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers verursacht hat. Damit wird die Strafbarkeit weder von der Handlung des Täters noch von deren Qualität abhängig gemacht, sondern allein davon, ob und wie das Opfer auf diese Handlung reagiert. Strafrechtlicher Schutz ist daher bislang allenfalls dann zu erlangen, wenn das Opfer sein gewöhnliches Verhalten ändert und sich damit dem Druck des Täters unterwirft. Tritt das Opfer in besonnener Selbstbehauptung auf, kann die Handlung – sei sie auch noch so invasiv – strafrechtlich nicht als Nachstellung sanktioniert werden. Auch die Einordnung als Privatklagedelikt dürfte dazu beigetragen haben, dass strafwürdiges Verhalten nicht im erwünschten Maße zur Aburteilung gelangt.
Nachdem bereits im Koalitionsvertrag eine Nachbesserung des Stalking-Paragrafen vereinbart worden war, und im vergangenen Jahr auch mehrere Bundesländer im Bundesrat eine entsprechende Gesetzesinitiative gestartet haben, hat nun das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf vorgelegt. Dieser greift die Ländervorlage auf und geht teilweise noch darüber hinaus. So will das BMJV den Tatbestand des § 238 Abs. 1 StGB in ein potentielles Gefährdungsdelikt umgestalten, für dessen Verwirklichung es künftig ausreicht, dass die Handlung des Täters objektiv dazu geeignet ist, beim Betroffenen eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung herbeizuführen. Ein tatsächlicher Erfolgseintritt wäre dann zur Ahndung nicht länger notwendig. Um einer zu weit gehenden Strafbarkeit vorzubeugen, soll die Generalklausel des § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB gestrichen werden.
Flankierend ist zur Stärkung des Opferschutzes die Streichung der Nachstellung aus dem Katalog der Privatklagedelikte (§ 374 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 StPO), die Einführung der gerichtlichen Bestätigung von in Gewaltschutzverfahren geschlossenen Vergleichen sowie die Erweiterung des § 4 GewSchG auf Verstöße gegen Verpflichtungen aus einem gerichtlich bestätigten Vergleich vorgesehen. Grund für die letztgenannte Änderung ist, dass das Ministerium für den Fall, dass ein Verfahren in Gewaltschutzsachen durch einen Vergleich der Beteiligten erledigt wird, eine Schutzlücke ausgemacht hat. Denn nach § 4 GewSchG ist derzeit nur der Verstoß gegen eine gerichtliche Gewaltschutzanordnung strafbewehrt, nicht aber der Verstoß gegen eine in einem Vergleich übernommene Verpflichtung, auch wenn das Gericht sie nach § 1 GewSchG hätte anordnen können.
[Quelle: BMJV]