Ist die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nicht notwendig, hätte also die bedürftige Partei bzw. der bedürftige Beteiligte keinen Anspruch darauf, dass ihm neben dem Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten auch ein Verkehrsanwalt beigeordnet wird, dann darf der auswärtige Anwalt nicht ohne weiteres beigeordnet werden, weil durch seine Beiordnung Mehrkosten entstehen würden (§ 121 Abs. 1 ZPO).
Hinweis:
Die Praxis verfährt allerdings so, dass sie den Anwalt dennoch beiordnet, allerdings eingeschränkt und damit die Mehrkosten ausschließt. Hierzu ist allerdings das Einverständnis des Anwalts erforderlich, das sich auch konkludent aus dem Beiordnungsantrag ergeben kann.
In diesem Fall darf die Einschränkung aber nur dahingehend lauten, dass der Anwalt "zu den Bedingungen des im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts beigeordnet" wird (OLG Celle AGS 2011, 365 = MDR 2011, 984 = JurBüro 2011, 486 = FamRZ 2011, 1745 = NJW-Spezial 2011, 635 = Rpfleger 2011, 617; OLG Frankfurt AGS 2014, 287 = MDR 2013, 721 = FamRZ 2014, 591). Eine Beschränkung dahingehend, dass der Anwalt "zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts" beigeordnet wird, ist nicht zulässig, da die ZPO einen gerichtsansässigen Anwalt nicht kennt, sondern nur zwischen dem Anwalt im Gerichtsbezirk und dem Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks unterscheidet (s. § 121 Abs. 3 ZPO).
Ist danach ein auswärtiger Anwalt zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts beigeordnet worden, kann er seine Reisekosten wiederum aus der Landeskasse bis zu den höchstmöglichen Reisekosten eines Anwalts aus dem Gerichtsbezirk verlangen (VG Oldenburg AGS 2009, 467 = NJW-Spezial 2009, 460; LAG Hessen AGS 2010, 299 = NJW-Spezial 2010, 380 = AG kompakt 2011, 143). Es gilt hier gleiches wie bei der Kostenerstattung:
- Gibt es im Gerichtsbezirk Orte, die weiter entfernt sind als der auswärtige Anwalt, sind die Reisekosten des auswärtigen Anwalts in voller Höhe aus der Landeskasse zu vergüten.
- Ist die Kanzlei des auswärtigen Anwalts weiter entfernt als der weitest entfernte Ort innerhalb des Gerichtsbezirks, sind seine Reisekosten bis zu der höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks von der Landeskasse zu übernehmen.
Ob in dem entferntesten Ort derzeit ein Rechtsanwalt residiert, ist unerheblich (OLG Bamberg AGS 2014, 353 u. 529 = NJW-RR 2015, 187 = JurBüro 2015, 372 = NZFam 2014, 1103 = FamRZ 2015, 353).
Beispiel 7:
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Karlsruhe und wird von einer in Mannheim ansässigen Partei mit einem Rechtsstreit vor dem LG Mannheim beauftragt. Der Partei wird Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Anwalt wird beigeordnet zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts.
Die Reisekosten des Karlsruher Anwalts belaufen sich (netto) auf
1. Karlsruhe – Mannheim und zurück, 2 × 75 km x 0,30 EUR/km |
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45,00 EUR |
2. Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG |
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25,00 EUR |
3. Parkgebühren |
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3,36 EUR |
Gesamt |
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73,36 EUR |
Hätte die Partei erstinstanzlich einen Anwalt aus Reilingen beauftragt, das noch zum LG-Bezirk Mannheim zählt, wären dessen Reisekosten in voller Höhe von der Landeskasse zu übernehmen:
1. Reilingen – Mannheim und zurück, 2 × 31 km x 0,30 EUR/km |
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18,60 EUR |
2. Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG |
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25,00 EUR |
3. Parkgebühren |
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3,36 EUR |
Gesamt |
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46,96 EUR |
Folglich sind die Reisekosten des Karlsruher Anwalts in dieser Höhe aus der Landeskasse zu zahlen.
Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass der Gerichtsbezirk auswärtige Gemeinden umfasst, da anderenfalls im Gerichtsbezirk eine Geschäftsreise nicht möglich ist (s. Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG).
Zum Teil prüfen die Gerichte bereits im Bewilligungsverfahren, ob es im Gerichtsbezirk Orte gibt, die weiter entfernt liegen als die Kanzlei des auswärtigen Anwalts und ordnen dann ggf. uneingeschränkt bei (so z.B. OLG Bamberg AGS 2014, 353 u. 529 = NJW-RR 2015, 187 = JurBüro 2015, 372 = NZFam 2014, 1103 = FamRZ 2015, 353). Eine eingeschränkte Beiordnung wäre dann nämlich gegenstandslos und könnte nur zu Missverständnissen führen (OLG Frankfurt AGS 2014, 138; OLG Brandenburg AGS 2015, 584 = NJW-Spezial 2015, 763 = NZFam 2016, 87).