1. Überblick
Häufig ist zu hören, Reisekosten des Anwalts seien im Rahmen eines rechtsschutzversicherten Mandats nicht mitversichert. Das ist unzutreffend. Im Rahmen der Rechtsschutzversicherung sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Anwalts zu übernehmen. Reisekosten sind gesetzliche Auslagen nach Teil 7 VV RVG, so dass sie grundsätzlich vom Rechtsschutzversicherer zu übernehmen sind.
2. Beschränkung auf ortsansässigen Anwalt
Nach den ganz überwiegend verwendeten Versicherungsbedingungen sind Reisekosten eines Anwalts jedoch nur insoweit zu übernehmen, als sie bei einem ortsansässigen Anwalt angefallen wären. Diese Bedingungen haben i.d.R. einen Wortlaut, nach dem die Vergütung des Anwalts nur bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts übernommen wird. Das bedeutet aber nicht, dass Reisekosten schlechthin vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Es findet lediglich eine Begrenzung nach den Maßstäben eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts statt. Zwar kann ein am Gerichtsort ansässiger Anwalt keine Reisekosten zur Wahrnehmung von Terminen am Gericht abrechnen, da es an einer Geschäftsreise nach Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG fehlt (s.o. II.); eine Übernahme von Reisekosten durch den Rechtsschutzversicherer kommt aber dann in Betracht, wenn auswärtige Termine stattfinden, etwa auswärtige Beweistermine.
Beispiel 8:
Die in Neumarkt ansässige Partei beauftragt einen Nürnberger Anwalt mit der Vertretung in einem Verkehrsunfallprozess vor dem LG Nürnberg. Das LG Nürnberg beraumt einen Ortstermin in Neumarkt an, den der Anwalt wahrnimmt.
Jetzt entstehen Reisekosten, da Neumarkt außerhalb des Stadtbezirks Nürnberg liegt und somit eine Geschäftsreise nach Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG gegeben ist. Die Kosten des (gerichts-)ortsansässigen Nürnberger Anwalts für die Fahrt zum Ortstermin nach Neumarkt sind jetzt vom Rechtsschutzversicherer zu übernehmen.
Ein vergleichbarer Fall kann bei einer Verweisung oder Abgabe des Rechtsstreits auftreten, wenn der Versicherungsnehmer einen Anwalt am zunächst angerufenen Gericht beauftragt hat und dieser das Verfahren auch vor dem Empfangsgericht fortführt. Im diesem Fall kann die Übernahme der Reisekosten allerdings ausgeschlossen sein, wenn die Beauftragung eines weiteren Anwalts günstiger wäre, als den zunächst beauftragten Anwalt reisen zu lassen.
Unterhält der Anwalt seine Kanzlei nicht am Ort des Gerichts, sind seine Reisekosten nach den meisten ARB nur zu übernehmen, soweit sie auch bei einem am Gerichtsort ansässigen Anwalt angefallen wären. Das wiederum führt in den meisten Fällen dazu, dass der Rechtsschutzversicherer keine Reisekosten übernehmen muss. Anders verhält es sich dagegen, wenn noch die ARB 75 zugrunde liegen. Danach besteht Deckungsschutz. Der Rechtsschutzversicherer hat nach den ARB 75 die Reisekosten eines am Gericht zugelassenen (jetzt im Gerichtsbezirk niedergelassenen) Anwalts zu tragen. Zum Teil finden sich auch in aktuellen ARB vergleichbare Regelungen, so dass auch dann Reisekosten vom Rechtschutzversicherer zum auswärtigen Gericht im Gerichtsbezirk zu übernehmen sind, so z.B. bei den ARB der ADAC-Rechtsschutzversicherung.
Hinweis:
Auch wenn der Anwalt seine Kanzlei nicht am Ort des Gerichts hat, kann in diesem Fall der Versicherer zur Übernahme der Reisekosten ganz oder teilweise verpflichtet sein.
Beispiel 9:
Wie Beispiel 8; jedoch beauftragt die Partei einen Anwalt aus Neumarkt.
Der Anwalt aus Neumarkt kann gegenüber dem Mandanten Fahrtkosten abrechnen für die Teilnahme am Verhandlungstermin in Nürnberg, nicht dagegen für die Teilnahme am Beweistermin in Neumarkt. Seine Reisekosten sind damit genauso hoch wie die Reisekosten eines Nürnberger Anwalts, so dass die Reisekosten des Neumarkter Anwalts in voller Höhe zu erstatten sind.
3. Übernahme anstelle der Kosten eines Verkehrsanwalts
Nach den gängigen Versicherungsbedingungen trägt der Rechtsschutzversicherer zusätzlich die Kosten eines Verkehrsanwalts, wenn der Gerichtsort mehr als 100 km Luftlinie entfernt liegt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bedingungen trägt der Versicherer nach dieser Klausel zusätzlich zu den Kosten des ortsansässigen Prozessbevollmächtigen nur die Kosten eines im Landgerichtsbezirk des Versicherungsnehmers beauftragten Verkehrsanwalts bis zur Höhe einer 1,0-Gebühr (Nr. 3400 VV RVG) nebst Auslagen. Er trägt also bedingungsgemäß nicht die Reisekosten eines am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten, mögen diese auch geringer sein als die Kosten des zusätzlichen Verkehrsanwalts.
Hinweis:
Grundsätzlich sind die Rechtsschutzversicherer jedoch bereit, die Reisekosten bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts zu übernehmen, wenn im Gegenzug auf die Einschaltung eines Verkehrsanwalts verzichtet wird. Zweckmäßig ist es, dies vorab mit dem Rechtsschutzversicherer abzuklären und sich die Zusage der Übernahme der Reisekosten vor Antritt der Reise geben zu lassen.
Dann würden die vollen Reisekosten übernommen, solange sie die ersparten Kosten des Verkehrsanwalts nicht übersteigen.
Beispiel 10:
Die in Köln ansässige Partei wird v...