Personen, die einem durch unerlaubte Handlung getöteten Menschen besonders nahe standen, sollen künftig eine angemessene Entschädigung für das ihnen mit dem Tod zugefügte seelische Leid erhalten. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, mit dem für solche Fälle ein Anspruch auf Hinterbliebenengeld eingeführt werden soll. Bislang steht nahen Angehörigen bei einer fremdverursachten Tötung nach ständiger Rechtsprechung nur dann ein Schmerzensgeld zu, wenn sie eine eigene Gesundheitsbeschädigung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB erleiden. So fordert etwa der BGH, dass der jeweilige Anspruchsteller darlegen und ggf. beweisen muss, dass sein seelisches Leid noch über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Hinterbliebene beim Tod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind. Im Grunde werden damit die infolge einer fremdverursachten Tötung von Hinterbliebenen erlittene Trauer und das seelische Leid vom geltenden Recht als entschädigungslos hinzunehmendes Schicksal angesehen.
Dies soll sich nun ändern. Mit der neuen Regelung sollen Hinterbliebene künftig im Sinne einer Anerkennung ihres seelischen Leids wegen der Tötung eines ihnen besonders nahestehenden Menschen von dem hierfür Verantwortlichen eine Entschädigung verlangen können. Das soll sowohl bei der Verschuldens- als auch bei der Gefährdungshaftung gelten. Dazu sollen Änderungen u.a. in § 844 BGB und einer Reihe weiterer Gesetze, etwa dem Arzneimittel-, Produkthaftungs- und Straßenverkehrsgesetz vorgenommen werden. Zwar könne, so die Begründung des Gesetzentwurfs, die Entschädigung keinen Ausgleich für den Verlust des Lebens darstellen. Mit ihr solle der Hinterbliebene jedoch in die Lage versetzt werden, seine durch den Verlust des besonders nahestehenden Menschen verursachte Trauer und sein seelisches Leid zu lindern.
Mit dem Vorhaben trägt die Regierung zugleich einer Forderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung. Dieser hatte bereits in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2001 und 2005 angemahnt, die nationalen Rechtsordnungen müssten gem. Art. 13 EMRK nahen Angehörigen eines Getöteten jedenfalls bei einer möglichen staatlichen Mitverantwortung für den Todesfall auch einen zivilrechtlichen Geldanspruch einräumen. Da die deutsche Neuregelung auch die Amtshaftungsfälle gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG mit einschließen will, sind damit also zugleich die vom EGMR angesprochenen Fallgestaltungen abgedeckt.
[Quelle: BMJV]