I. Einleitung
Nachdem die EU am 15.5.2014 die Verordnung (EU) Nr. 655/14 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuKoPFVO) erlassen hat (ABl L 189 v. 27.6.2014, S. 59), hatte der deutsche Gesetzgeber Durchführungsvorschriften zu erlassen. Er hat diese Gelegenheit genutzt, Klarstellungen und Ergänzungen zivilprozessualer Regelungen, die mit der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009 (BGBl I 2009, S. 2258) in Zusammenhang stehen, vorzunehmen. Die maßgeblichen Durchführungsbestimmungen zu der EU-Verordnung sind durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21.11.2016 (BGBl I S. 2591) erlassen worden.
II. Gerichtsvollzieherauftragsformular und weitere für die Zwangsvollstreckung relevante Regelungen im Einzelnen
Nach § 753 Abs. 1 ZPO bedarf die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers eines Auftrags. Aufgrund der Ermächtigung in § 753 Abs. 3 ZPO hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) durch die Verordnung vom 28.9.2015 ein Formular eingeführt (BGBl I 2015, S. 1586), das den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung von Geldforderungen (§ 1 Abs. 1 S. 1 GVFV) betrifft. Die Verordnung ist am 1.10.2015 in Kraft getreten (§ 6 GVFV). Seit dem 1.4.2016 ist das eingeführte Formular verbindlich zu nutzen (§ 5 GVFV). Wird das Formular nicht benutzt, ist der dem Gerichtsvollzieher in anderer Weise erteilte Auftrag unzulässig (vgl. ausführlich Gottwald ZAP F. 14, S. 703 ff.). Als Anhang zu Art. 8 Nr. 2 EuKoPfVODG wurde u.a. das Formular zum Vollstreckungsauftrag an die Gerichtsvollzieherin/den Gerichtsvollzieher – zur Vollstreckung von Geldforderungen – ergänzt und neu gefasst. Die wesentlichen Vorschriften dieses Gesetzes sind nach Art. 21 Nr. 1, 3 EuKoPfVODG am Tage nach der Verkündung (26.11.2016) bzw. am 18.1.2017 in Kraft getreten. Die Änderung der Gerichtsvollzieherformularverordnung ist am 1.12.2016 in Kraft getreten.
Hinweis:
Nachfolgend wird dargestellt, welche Module des Gerichtsvollzieherauftragsformulars durch die Änderungen der EuKoPFVO/EuKoPfVODG betroffen sind und welche neuen Regeln für das Gebiet der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher zu beachten sind. Daneben wird auf die Regelungen über Kosten und den elektronischen Rechtsverkehr hingewiesen.
1. Vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden, § 754a ZPO
Die neue Vorschrift dient der Vorbereitung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten. Es wird für den Gerichtsvollzieher in Zukunft durch diese Bestimmung die Möglichkeit eines "vereinfachten Vollstreckungsauftrags bei Vollstreckungsbescheiden" geben. Nach dieser, dem § 829a ZPO nachgebildeten, Regelung ist im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids entbehrlich, wenn
- die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 EUR beträgt. Dabei sind die Kosten der Zwangsvollstreckung bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind;
- die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids (z.B. eine Rechtsnachfolgeklausel gem. §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO) nicht vorgeschrieben ist;
- der Gläubiger dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheids nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt und
- der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht.
Nach § 794a Abs. 1 S. 2 ZPO sind, wenn die Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden sollen, dem Auftrag zusätzlich zu den in § 794a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO genannten Dokumenten eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument beizufügen.
Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt er dies nach § 794a Abs. 2 ZPO dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat. Derlei begründete Zweifel können sich beispielsweise aus der Unleserlichkeit der elektronisch übermittelten Ausfertigung oder aus Abweichungen zwischen dieser und dem Vollstreckungsauftrag, etwa hinsichtlich des Forderungsbetrags, ergeben (BT-Drucks 633/15, S. 35).