Die Zahl der beim BVerfG eingegangenen Verfahren bleibt auf hohem Niveau. Mit 5.959 Neueingängen verzeichnete das Karlsruher Gericht auch im Jahr 2018 hohe Eingangszahlen. Diese seien seit 2015 nahezu gleich geblieben, wie Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei dem Jahrespressegespräch des Gerichts erläuterte. Die eingetretene Beruhigung bei den Eingangszahlen führe auch dazu, dass die 16 Richter der beiden Senate keine Änderungen der Abläufe im Gericht für notwendig halten. "Wir kommen zurecht", bilanzierte Voßkuhle.
Von den 5.853 eingereichten Verfassungsbeschwerden waren 98 und damit 1,67 % erfolgreich, die Prozentzahl bewegt sich seit Jahren in dieser Größenordnung. Bei den Verfassungsbeschwerden hat das Gericht knapp 200 mit einer Begründung versehen, also in rund 100 Verfahren auch bei einer erfolglosen Verfassungsbeschwerde. Mit einer kurzen Begründung waren rund 950 Verfahren versehen, 80 % und damit rund 4.400 Verfahren blieben ohne Begründung.
Der Forderung aus der Politik, insbesondere von der AfD, das Gericht müsse alle Entscheidungen begründen, erteilten die Richter eine deutliche Absage. Zum einen würde die Begründung eine massive zusätzliche Arbeitsbelastung für die Richter darstellen, einige sprachen in Karlsruhe davon, dass dann nur noch 1/3 der bisherigen Erledigungszahlen erreichbar seien, wenn eine Begründung geschrieben werden müsse. Zum anderen würde auch die Einigung auf eine Entscheidung viel schwieriger. "Eine Einigung auf eine Entscheidung ist viel einfacher als auch auf eine Begründung", meinte Voßkuhle. Die Richter verwiesen auch darauf, dass jeder Kammerentscheidung ein Votum mit einem Entscheidungsvorschlag des Berichterstatters vorausginge, das jeden Fall aufarbeite. Die Verfassungsrichter waren sich darin einig, dass ein Begründungszwang der falsche Weg sei.
Den Wunsch der Journalisten, dass das Gericht mehr mündlich verhandeln möge, gerade auch in Fällen, die eine Vielzahl von Bürgern betreffen, werden die beiden Senate noch einmal prüfen, so Voßkuhle, Vorsitzender des 2. Senats, und Stephan Harbarth, neuer Vizepräsident und Vorsitzender des 1. Senats.
Auf der Agenda für 2019 stehen auch zwei Verfahren zum anwaltlichen Berufsrecht: So steht zu erwarten, dass die Fragen, ob eine mehrstöckige Anwaltsgesellschaft tatsächlich verboten ist und wie es mit den Anteils- und Stimmrechten bei gemischten Sozietäten (Rechtsanwalt/Steuerberater) aussieht, bald entschieden werden. Vorgesehen sind auch Entscheidungen zur Sterbehilfe, zur Mietpreisbremse, zur Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung bei mehreren Kindern, zur Frage des "Rechts auf Vergessen" in der Medienberichterstattung, zum hohen Zinssatz der Finanzverwaltung bei Nachforderungen, dem Verbot von Kinderehen und zur Pflicht zur Verwendung von Schockbildern auf Tabakerzeugnissen.
(mwh)