Die Mahnung ist eine ernsthafte und unmissverständliche Leistungsaufforderung durch den Gläubiger an den Schuldner, die zu fordernde Leistung zu erbringen (BGH NJW 1998, 2132; Palandt/Grüneberg, BGB, § 286 Rn 16). Sie hat nach der Fälligkeit zu erfolgen.
Die Mahnung ist als eine geschäftsähnliche Handlung gleich einer einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärung (BGH NJW 1987, 1547) weder an eine Form noch an eine Frist gebunden, soweit sich aus dem Vertrag oder einer spezialgesetzlichen Regelung nichts anderes ergibt. Die Frage nach der Form der Mahnung stellt sich allein im Zusammenhang mit dem Nachweis des Zugangs. Sie kann danach schriftlich, mündlich oder elektronisch erfolgen. Etwas anderes gilt nur, wenn ausdrücklich die Schriftform angeordnet ist (vgl. etwa § 38 VVG).
Aus der Mahnung muss hervorgehen, dass die Leistung nun unbedingt verlangt wird. Hinweise, Anfragen oder Gesprächswünsche mit Vorschlägen zur Gestaltung der Leistungspflicht (KG Berlin KGR 2008, 449) reichen nicht aus. Der BGH verlangt insoweit, dass die Leistung mit Bestimmtheit gefordert wird (BGH NJW 1998, 2132).
Liegt keine Mahnung vor oder kann der Gläubiger jedenfalls nicht nachweisen den Schuldner gemahnt zu haben, muss geprüft werden, ob die Mahnung entbehrlich war, um den Verzugseintritt zu begründen. Die Entbehrlichkeit der Mahnung kraft Gesetzes ist in § 286 Abs. 2 Nr. 1–4 BGB geregelt:
- Eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungsfrist führt nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur dann zur Entbehrlichkeit der Mahnung, wenn sie auch vertraglich vereinbart wurde, sich unmittelbar aus dem Gesetz oder einem Urteil ergibt (BGH NJW 2008, 50; ebenso OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 852). Das wird in der Praxis regelmäßig verkannt. Eine einseitig vom Gläubiger gesetzte Zahlungsfrist in der Rechnung lässt deshalb die Mahnung nicht entbehrlich werden.
- Nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die Mahnung auch dann entbehrlich, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. In diesem Fall kann der Schuldner das Ereignis feststellen und weiß unter Berücksichtigung der vereinbarten Leistungszeit insofern genau, wann er zu leisten hat. Es wäre deshalb unbillig, dem Gläubiger zuzumuten, nochmals eine Nachfrist setzen zu müssen.
- Die Mahnung kann ferner nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich sein, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. In diesem Fall verhielte sich der Schuldner entgegen Treu und Glauben (venire contra factum proprium), wenn er den Verzugsfolgen den Einwand entgegensetzen könnte, er sei nicht gemahnt worden. Voraussetzung der Entbehrlichkeit der Mahnung bleibt, dass die Schuld zum Zeitpunkt der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung bereits fällig war. Der BGH hat den Eintritt der Verzugsfolgen etwa verneint, weil die Weigerung des Schuldners, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen, erfolgt ist, bevor diese Leistungspflicht überhaupt fällig war (BGH v. 28.9.2007 – V ZR 139/06 = FMP 2007, 58 = ZGS 2007, 470).
- Weiter nennt § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB als Voraussetzung für die Entbehrlichkeit der Mahnung "besondere Umstände, die bei Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Verzugseintritt rechtfertigen". Es handelt sich um eine Auffangbestimmung, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden. Neben der (vorherigen oder gleichzeitigen) Fälligkeit der Leistung muss sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, dass nur eine sofortige oder an einem ganz bestimmten Zeitpunkt erbrachte Leistung den berechtigten Interessen des Gläubigers entspricht. Hierher gehören die Fälle, in denen sich der Schuldner etwa bewusst einer Mahnung entzieht (OLG Köln NJW-RR 1999, 4 = FuR 1998, 358). Zu nennen ist aber auch der Fall, in dem der Schuldner dem Gläubiger bewusst wahrheitswidrig mitteilt, dass er an einem bestimmten Termin leisten werde oder dass die Leistung sogar schon "unterwegs" (= überwiesen) sei, so dass der Gläubiger keine Notwendigkeit für eine Mahnung sieht und deshalb hiervon Abstand nimmt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Selbstmahnung (BGH NJW 2008, 1216; BGH NJW 2009, 2600; BGH NJW-RR 1997, 622). Auch "geplatzte" Lastschriften werden unter diese Alternative gefasst (AG Ludwigsburg WM 2007, 2198; Palandt/Grüneberg, BGB, § 286 Rn 25).
- Nach § 286 Abs. 3 BGB kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Forderungsaufstellung leistet und – soweit er Verbraucher ist – auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen wurde. Etwas anderes kann allerdings vertraglich vereinbart werden. Mit dem Wort "spätestens" hat der Gesetzgeber dabei deutlich gemacht, dass der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB in der Lage ist, den Verzugseintritt auch zu einem früheren Zeitpunkt sicherzustellen. Es handelt sich also um eine selbstständige ...