In der Praxis spielen die mit Durchsuchungen zusammenhängenden Fragen eine große Rolle. Für den Verteidiger ist in dem Zusammenhang immer die Frage von besonderer Bedeutung, ob eigentlich der für die Anordnung dieser Ermittlungsmaßnahme notwendige Anfangsverdacht vorgelegen hat (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl. 2019, Rn 1589 ff. m.w.N. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]). Dazu hat vor kurzem noch einmal das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem Verfahren mit dem Vorwurf des Besitzes von Kinder-/Jugendpornografie Stellung genommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.11.2019 – 2 BvR 31/19 und 886/19, NJW 2020, 384 = StRR 1/2020, 13). In Bezug auf den Anfangsverdacht von Taten des Besitzes nach §§ 184b Abs. 3 und 184c Abs. 3 StGB knüpft das BVerfG an seine Entscheidung NJW 2018, 3571 = StRR 12/2018, 8 an.
Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem sich der Beschwerdeführer gegen die Durchsuchung seiner Wohnräume in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften sowie gegen die Sicherstellung und Auswertung der aufgefundenen technischen Geräte und Datenträger gewandt hatte.
Auszugehen ist etwa von folgendem Sachverhalt: Durchsucht worden waren in einem Ermittlungsverfahren gegen zwei andere Beschuldigte deren Wohnräume wegen des Verdachts des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften. Dabei sind technische Geräte und Datenträger aufgefunden und sichergestellt worden. Bei der Auswertung der sichergestellter Speichermedien wurden auf einer der sichergestellten Festplatten 43 E-Mail-Nachrichten aus dem Jahr 2009 mit belastenden Bild- und Videodateien aufgefunden. Die Absenderadresse einer E-Mail mit zwei Bilddateien konnte aufgrund einer Providerauskunft dem Beschwerdeführer zugeordnet werden. Das AG hat daraufhin die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers angeordnet. Der Anfangsverdacht beruhe auf den Angaben des gesondert Verfolgten, der auf die Frage, ob er mit dem Nutzer der in Rede stehenden E-Mail-Adresse kinderpornografische Dateien ausgetauscht habe, angegeben habe, dass über den Account "irgendwas gelaufen" sei, er aber nicht mehr wisse, was. Auf den sichergestellten Datenträgern des gesondert Verfolgten habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer zwei Bilddateien verschickt habe, die jeweils dasselbe männliche erigierte Glied eines Jugendlichen zeigten. Die leicht erkennbare Beinbehaarung lasse vermuten, dass es sich um einen Jungen in der Pubertät handele. Es wurden beim Beschwerdeführer mehrere Computer, Festplatten und ein Smartphone sichergestellt. Der Beschwerdeführer erklärte bei der Durchsuchung, dass es sich bei dem Glied, das die versendeten Bilder zeigten, um sein eigenes handeln könne. Das AG bestätigte die vorläufige Sicherstellung der bei der Durchsuchung in Verwahrung genommenen Datenträger zum Zwecke der Durchsicht. Die Beschwerden des Beschwerdeführers bleiben erfolglos. Das BVerfG hat die angegriffenen Beschlüsse aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Das BVerfG (a.a.O.) verweist nochmals darauf, dass notwendiger, aber auch in Anbetracht der Eingriffsintensität einer Wohnungsdurchsuchung hinreichender Anlass für eine Durchsuchung der Verdacht sei, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs (Art. 13 Abs. 2 GG) verlange auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn 1589 ff.). Eine Durchsuchung dürfe nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind. Diesen Anforderungen würden – so das BVerfG – die angefochtenen Beschlüsse nicht gerecht. Es sei zwar die Annahme, der Beschwerdeführer habe sich im Besitz von zumindest jugendpornografischen Schriften befunden und diese an den Empfänger der E-Mail versandt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Annahme könne aber nicht allein auf die der E-Mail beigefügten Bilddateien gestützt werden. Bei geschlechtsreifen Personen falle eine Altersbestimmung schwer, da sichtbare Anhaltspunkte wie bei Kinderpornografie ("vor der Pubertät") nicht existieren. Hier lasse sich aufgrund des körperlichen Entwicklungsstands ausschließen, dass ein Kind i.S.v. § 184b StGB abgebildet sei. Ob es sich um das Glied eines Jugendlichen oder eines Erwachsenen handele, könne den Bildern aber nicht entnommen werden. Es komme hier zudem hinzu, dass die Bilddateien an einen Empfänger versandt worden seien, der nach eigener Aussage auf einer Plattform eine gesamte Datenbank mit kinder- und jugendpornografischem Material zum Tausch bereithielt und mindestens 43 E-Mail-Nachrichten mit kinder- und jugendpornografischem Material empfangen oder verschickt habe. Die Angaben des Empfängers seien zwar ausgesprochen vage, was auf den erheblichen Zeitablauf zurückzuführen sein dürfte. Sie hätten jedoch im Zusammenhang mit dem Versand der E-Mail und den beigefügten Bild...