Die vorstehende Aufzählung der Klagearten ist nicht abschließend. Die verwaltungsgerichtliche Generalklausel (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) bewirkt, dass der Rechtsschutz gegen hoheitliche Handlungen oder Unterlassungen grds. unabhängig von der Rechtsform des Handelns gewährleistet ist.
a) Organstreitverfahren
Körperschaftsinterne Organstreitigkeiten waren bis Ende der 1960er Jahre nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Prozesse. Ihnen stand der Einwand des In-Sich-Prozesses entgegen. Diese Auffassung wird nicht mehr vertreten. Ein In-Sich-Prozess liegt nicht vor, wenn die streitenden Parteien eigene organschaftliche Rechte oder Organverwalterrechte besitzen, die ihnen als subjektiv-öffentliche Rechte und damit als wehrfähige Kompetenzen durch die Rechtsordnung zugewiesen sind. In der anwaltlichen Praxis tauchen solche Verfahren höchst selten auf, von einer vertiefenden Darstellung wird daher abgesehen.
b) Vollstreckungsabwehrklage (§ 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 767 ZPO)
Von den Gestaltungsklagen erlangt im Verwaltungsprozess lediglich die Vollstreckungsgegenklage praktische Bedeutung (Bosch/Schmidt/Vondung, Praktische Einführung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren, 9. Aufl. 2012 Rn 901). Mit dieser Gestaltungsklage wird die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungstitel für unzulässig erklärt. Zu diesem Zweck müssen materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Anspruch, der durch das Urteil festgestellt wurde, geltend gemacht werden. Dazu zählen Erfüllung, Verzicht, Verwirkung oder nachträgliche Legalisierung.
Hinweis:
VG Stuttgart, Beschl. v. 3.7.2020 – 17 K 3162/20, juris Rn 9 f.:
Die Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 ZPO bezeichneten Einwendungen ist in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Die Zwangsvollstreckung ist nicht schon dann einzustellen, wenn die erhobene Vollstreckungsabwehrklage nicht offensichtlich aussichtslos ist.
Die Verwaltungsgerichte befinden nicht selten über Lebenssachverhalte und darauf gegründete Rechtsbeziehungen, die steter Wandlung unterliegen (Guckelberger NVwZ 2004, 662, 668 m.w.N.). Allerdings führt auch im Verwaltungs(prozess)recht nicht jede Gesetzesänderung dazu, dass die Vollstreckung eines titulierten Anspruchs unzulässig wird. Zu prüfen ist vielmehr, ob sich die Rechtsänderung auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs auswirkt.
Festzuhalten bleibt somit für die Vollstreckungsabwehrklage im Zivil- und Verwaltungsprozessrecht, dass sich im Gegensatz zum Einwand der Erfüllung, der stets eine relevante Einwendung i.S.d. § 767 ZPO begründet, bei einer nachträglichen Rechtsänderung nicht pauschal sagen lässt, sie führe zum Erfolg einer Vollstreckungsabwehrklage. Insoweit kommt es entscheidend auf den Inhalt der titulierten Forderung sowie den zeitlichen Anwendungsbereich der neuen Rechtsvorschrift an (Guckelberger a.a.O.).
c) Drittwiderspruchsklage (§ 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 771 ZPO)
Drittwiderspruchsklagen sind auch im Verwaltungsprozess nach allgemeinen Regeln zulässig.
Hinweis:
VG Magdeburg, Urt. v. 24.10.2018 – 9 A 194/17, juris Rn 14:
Begehrt ein Nichtbeteiligter an einem Verwaltungszwangverfahren ausdrücklich die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung), so ist dafür der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Dem steht auch nicht entgegen, wenn er sich zur Begründung allein auf solche Einwendungen stützt, die auch Gegenstand einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO sein können.
d) Abänderungsklage (§ 173 VwGO i.V.m. § 323 ZPO)
Die Abänderungsklage kommt im Verwaltungsprozess für Leistungsurteile im engeren Sinne und entsprechende Vergleiche in Betracht. Die Voraussetzungen orientieren sich an § 323 ZPO.