1. Wechselmodell
a) Einordnung
Die Einordnung der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells ist streitig.
Der BGH (FamRZ 2017, 532; s. ZAP F 11 R, S. 979) hat die Anordnung dem Umgangsrecht zugeordnet. Er hat ausgeführt, dass eine Obhutsform, in der Kinder jeweils die Hälfte der Zeit mit Vater oder Mutter verbringen, gem. § 1684 BGB als Umgangsregelung angeordnet werde. Dieser Meinung folgt das OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 1181 m. Anm. Fischer = FuR 2020, 477 m. Hinw. Viefhues) nicht. Die streitige Anordnung des paritätischen Wechselmodells könne aus dogmatischen Gründen nur in Form einer sorgerechtlichen Anordnung im Rahmen des § 1671 BGB erfolgen, indem entweder das Kind zu den jeweiligen Betreuungszeiten in die Obhut des jeweiligen Elternteils gegeben wird oder aber dem Elternteil, der das Wechselmodell wünscht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit dem Ziel der Durchsetzung geteilter Betreuung überantwortet wird. Die Anordnung des Wechselmodells oder die Abänderung einer Vereinbarung der Eltern zur Betreuung ihrer Kinder mit dem Ziel einer paritätischen Betreuung könne daher gem. § 1671 BGB nur auf Antrag eines Elternteils erfolgen und dürfe daher nicht von Amts wegen getroffen werden.
Hinweis:
Entscheidungen in familiengerichtlichen einstweiligen Anordnungen sind gem. § 57 S. 1 FamFG im Grundsatz unanfechtbar. Folgt man der Auffassung des OLG Frankfurt, so unterliegt eine einstweilige Anordnung eines Wechselmodells gem. § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG der Anfechtung.
b) Voraussetzungen
Das OLG Brandenburg (FuR 2020, 701 m. Hinw. Viefhues) weist darauf hin, dass die gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells regelmäßig voraussetzt, dass die Eltern in der Lage sind, bestehende Konflikte einzudämmen und sich hochmotiviert an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren. Das Wechselmodell verlangt deutlich mehr als nur ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen und eine tragfähige soziale Beziehung.
2. Corona-Pandemie
- Das OLG Braunschweig (FamRZ 2020, 1273 = MDR 2020, 865 = FuR 2020, 475 m. Hinw. Viefhues = NJW 2020, 2038) weist darauf hin, dass die gegenwärtige Corona-Pandemie es grds. nicht rechtfertigt, den Umgang zwischen einem Kind und dem nicht betreuenden Elternteil auszusetzen, da ein Infektionsgeschehen von vornherein keinen Bezug zu den Voraussetzungen des Umgangsrechts gem. § 1684 BGB hat. Der Umgang gehört zu dem absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte. Fraglich kann nur sein, ob die Ausübung des Umgangs punktuell nicht möglich ist.
- Ein durch Beschluss des Familiengerichts geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil darf ohne rechtfertigende Entscheidung des Familiengerichts im Rahmen eines Abänderungsverfahrens auch nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Coronavirus verweigert werden (OLG Frankfurt MDR 2020, 1320).
3. Umgangsausschluss
Gemäß § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB kann eine Entscheidung, die das Umgangsrecht für längere Zeit ausschließt, nur dann ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet würde. Bei der Beurteilung, ob eine gegenwärtige Gefahr für das seelische, geistige oder körperliche Wohl des Kindes besteht, sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerfG 2010, 1632). Das OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 2010) hebt hervor, dass eine Umgangsbeschränkung oder ein Umgangsausschluss auch in Betracht komme, wenn das Kind dies aus ernsthaften, subjektiv beachtlichen oder verständlichen Gründen wünscht und ein erzwungenes Umgangsrecht das Kindeswohl beeinträchtigen würde. Der vom Kind geäußerte Wille hat nicht nur Erkenntniswert hinsichtlich seiner persönlichen Bindungen zum Umgangsberechtigten, sondern ist mit zunehmendem Alter auch als Ausdruck der Entwicklung des Kindes zu einer eigenständigen Persönlichkeit und damit seiner Selbstbestimmung bedeutsam. Auch miterlebte häusliche Gewalt unter Eltern kann traumatisierende und kindeswohlschädliche Wirkungen auf betroffene Kinder haben.
Hinweis:
Zu prüfen bleibt, ob zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung die Anordnung eines begleiteten Umgangs gem. § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB ausreicht.
4. Umgangsrecht des biologischen Vaters
Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, hat der leibliche Vater, der ernstliches Interesse an dem Kind gezeigt hat, gem. § 1686a Abs. 1 BGB ein Recht auf Umgang, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient.
Nach § 1685 Abs. 2 BGB sind neben den Verwandten des Kindes auch andere enge Bezugspersonen umgangsberechtigt, wenn zwischen ihnen und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat und der Umgang dem Kindeswohl dient. Der Umgang ist damit nur solchen Personen zu gewähren, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war oder die das Kind anstelle der Eltern intensiv betreut haben.
Das KG (FamRZ 2020, 1271 m. Anm. Botthof) hat das Umgangsrecht eines biologischen Vaters verneint, der kurz nach der Geburt des Kindes der Adoption durch die Lebenspartnerin der Mutter zugestimmt hat. Er hat kein Recht auf Umgang nach § 1684 Abs. 1 BGB, da diese Vorschrift nur das Umgangsrecht der gesetzlichen Eltern regelt. Er kann sein Recht auch nicht aus § 1686a B...