Außerordentlich zahlreich sind die Entscheidungen des BGH zur Inhaltskontrolle von Scheidungsfolgenvereinbarungen. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2004, 601; 2014, 629 u. 638; 2018, 577; 2019, 953) erfolgt die Kontrolle in zwei Stufen. Vorrangig ist die Wirksamkeit der Vereinbarung hinsichtlich ihrer objektiven und subjektiven Seite am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB zu prüfen. Hält sie dieser Prüfung stand, ist weiterhin eine Ausübungskontrolle vorzunehmen und ggf. die Vereinbarung nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen.
1. Ausschluss des Versorgungsausgleichs
Der BGH (FamRZ 2020, 1347 m. Anm. Bergschneider = MDR 2020, 994 = FamRB 2020, 344 m. Hinw. Schwonberg = NJW 2020, 3243) wiederholt, dass das Verdikt der Sittenwidrigkeit regelmäßig nur in Betracht kommt, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen ganz oder zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass diese Nachteile für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert werden oder aufgrund besonderer Verhältnisse der wirtschaftlichen Lage gerechtfertigt sind. Der Versorgungsausgleich ist zwar dem Kernbereich zuzuordnen, es findet jedoch keine Halbteilungskontrolle statt. Insbesondere erstreckt sich die Prüfung darauf, ob die subjektive Vertragsparität gestört ist, ob eine strukturelle Unterlegenheit des benachteiligten Ehegatten vorliegt und ob eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestand.
Bei der Ausübungskontrolle ist zu prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt.
2. Fehlende Vertragsparität
Das OLG Hamm (FamRZ 2020, 1629 m. Anm. Borth) hat im Anschluss an die vorangegangene Entscheidung des BGH (FamRZ 2019, 953) die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages bejaht, obwohl der Ausschluss einzelner Scheidungsfolgen für sich gesehen nicht zu dessen Unwirksam führte, aber das Zusammenwirken aller in dem Ehevertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielte. Das OLG betont, dass eine subjektive Vertragsimparität des benachteiligten Ehegatten sich vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit sowie seiner sprachlichen Unterlegenheit im Beurkundungsverfahren ergeben kann. Dies gilt insb. dann, wenn der benachteiligte Ehegatte im Falle eines Verzichts auf die Eheschließung zusammen mit dem von ihm betreuten gemeinsamen Kind aus wirtschaftlichen Gründen in seine Heimat zurückkehren müsste und dort einer ungesicherten wirtschaftlichen Zukunft entgegensehen würde.
3. Modifizierung des Zugewinnausgleichs
Nach der Rechtsprechung des BGH gehört der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen und ist der ehevertraglichen Disposition an weitesten zugänglich.
Ihm folgend hat das OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 1547) die ehevertragliche Herausnahme des Betriebsvermögens aus dem Zugewinnausgleich grds. für wirksam erachtet und entschieden, dass die Modifizierung des Zugewinnausgleichs dahingehend, dass das Betriebsvermögen eines der Ehegatten aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen wird, einer Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle auch dann standhält, wenn die Modifizierung diesem Ehegatten gestattet, durch Schaffung von gewillkürtem Betriebsvermögen vormaliges Privatvermögen dem Zugewinnausgleich einseitig zu entziehen.
Hinweis:
Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Auskunftserteilung.