Der Folgenbeseitigungsanspruch ist ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Rechtsinstitut. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO benennt zwar einen konkreten Fall, den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, mit dem die Folgen eines Verwaltungsaktes beseitigt und rückgängig gemacht werden können. Jedoch stellt § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO keine materielle Anspruchsgrundlage dar, sondern betrifft nur dessen prozessuale Durchsetzbarkeit als Annexantrag zur Anfechtungsklage.
Hinweise:
Es gibt allerdings auch spezialgesetzliche geregelte "Folgenbeseitigungsansprüche": Diese finden sich häufig im polizei- und ordnungsrechtlichen Kontext. So findet sich in § 46 Abs. 1 PolG NRW bspw. der Herausgabeanspruch für eine sichergestellte Sache nach Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen. Ähnliche Regelungen betreffen die Vernichtung von polizeilichen Unterlagen (§ 14 Abs. 2 PolG NRW) oder die Löschung, Sperrung und Berichtigung von personenbezogenen oder erkennungsdienstlichen Daten (§ 32 PolG NRW).
Tatbestandlich setzt der Anspruch voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger, noch andauernder Zustand geschaffen wurde. Ob ein hoheitliches Handeln vorliegt, ist erneut mit den allgemeinen Abgrenzungskriterien zum privatrechtlichen Handeln zu beantworten.
Hinweis:
Liegt ein privatrechtlicher Eingriff durch einen Hoheitsträger vor – z.B. eine Immission einer privatrechtlich betriebenen Einrichtung – ist ein privatrechtlicher Anspruch unmittelbar aus § 1004 BGB gegen den Betreiber denkbar.
Da auf Rechtsfolgenseite die Wiederherstellung des früheren Zustandes begehrt wird, kann der Eingriff nur in positivem Tun des Staates begründet sein. Ein (qualifiziertes) Unterlassen ist für die Konstellation des Folgenbeseitigungsanspruchs nicht ausreichend, sodass für ein solches Begehren der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch zielführend ist.
Das subjektive Recht, in welches eingegriffen werden muss, kann sich aus einfach-gesetzlichen Vorschriften oder aus Grundrechten ergeben.
Der Eingriff in ein subjektives Recht muss zu einem rechtswidrigen, noch andauernden Zustand führen. Maßgeblich ist die Rechtswidrigkeit des Zustandes (Erfolgsunrecht) und nicht die Rechtswidrigkeit der hoheitlichen Maßnahme (Handlungsunrecht), wobei das Handlungsunrecht regelmäßig das Erfolgsunrecht indiziert. Jedenfalls ist der Zustand rechtswidrig, wenn den Bürger keine Duldungspflicht trifft. Eine solche Duldungspflicht kann sich aus gesetzlichen Regelungen, einem Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag ergeben.
Beispiel:
Aus einer straßenrechtlichen Regelung kann sich die Duldungspflicht von Eigentümern und Besitzern von Grundstücken an öffentlichen Straßen ergeben, die unvermeidlichen Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden. Diese Pflicht endet erst in besonderen Ausnahmesituationen, die vorliegen, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht hat, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führt bzw. solche Schäden hinreichend konkret zu befürchten sind oder aber die Nutzung dieser Grundstücke in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt wird (VG Berlin, Urt. v. 6.12.2021 – 1 K 190/20, juris)
Schließlich kann auch eine Einwilligung des Betroffenen gegen die Rechtswidrigkeit sprechen. Ein Verwaltungsakt begründet eine Duldungspflicht, solange er wirksam und vollziehbar ist. Die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes ist insoweit nicht erforderlich. Zwischen dem rechtswidrigen Zustand und dem hoheitlichen Eingriff muss eine haftungsbegründende Kausalität bestehen, wobei eine unmittelbare Ursächlichkeit verlangt wird, die auch in einem typischen Geschehensablauf liegen kann. Bei der Benutzung öffentlicher Sachen sind demnach alle Störungen zurechenbar, die sich aus deren bestimmungsmäßigen Gebrauch ergeben. Nicht zurechenbar sind missbräuchliche Nutzungen, wenn die Behörde das ihr Zumutbare zur Verhinderung des Missbrauchs getan hat. Zuletzt muss der Zustand noch andauern, was nicht der Fall ist, wenn sich dieser bereits erledigt hat oder nachträglich legalisiert worden ist.
Schließlich darf der Folgenbeseitigungsanspruch nicht ausgeschlossen sein. Insoweit sind drei Fallgruppen denkbar: Unmöglichkeit, Unzumutbarkeit und Verlangen einer unzulässigen Rechtsausübung.
Von Unmöglichkeit ist auszugehen, wenn der Behörde als Antragsgegner die Wiederherstellung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Erst an dieser Stelle – und nicht bereits bei der Frage nach der grundsätzlichen Anwendbarkeit – wird die Frage relevant, ob der Anspruchsteller gegen die Behörde im Wege des Folgenbeseitigungsanspruchs ein Einschreiten gegenüber Dritten verlangen kann. Der Anspruchsteller kann von der Behörde nämlich nichts (rechtlich) Unmögliches verlangen. Dies hat zur Folge, dass im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruchs zu klären ist, o...