Als Kryptowährung werden digitale Zahlungsmittel bezeichnet, die auf kryptografischen Werkzeugen wie Blockchains und digitalen Signaturen basieren, wozu bspw. sog. Bitcoins gehören (vgl. Studie, Der digitale Nachlass – Eine Untersuchung aus rechtlicher und technischer Sicht, 12/2019, S. 22). Die Kryptowährung unterliegt ebenfalls der Gesamtrechtsnachfolge und geht auf die Erben über. Fraglich ist aber, was Bezugsobjekt der Gesamtrechtsnachfolge ist. Um dieses zu bestimmen, bedarf es zunächst einer Erklärung, wie die Kryptowährung technisch funktioniert.
Wie bereits beschrieben, beruht die Kryptowährung auf der sog. Blockchain-Technologie. Innerhalb des sog. Blockchain werden alle Transaktionen zwischen den Nutzern einer Kryptowährung linear und dezentral fortgeschrieben. Nimmt ein Nutzer eine Transaktion vor, wird die Berechtigung über seinen Blockchain-Eintrag geändert und die Blockchain i.d.R. fortgeschrieben (sog. Mining). Das Guthaben, worüber der Nutzer auf der Blockchain verfügt, kann in einer virtuellen passwortgeschützten Brieftasche (sog. Wallet) eingesehen werden. Diese Brieftasche ist mit einem verschlüsselten "Public-Key" verbunden, der vergleichbar mit einer Kontonummer ist. Zeitgleich besitzt der Nutzer einen "Private-Key". Mit diesem Schlüssel verfügt der Nutzer über sein Guthaben und autorisiert durch Hinzufügen einer digitalen Signatur seine Transaktionen.
Hinweis:
Zu den weiteren technischen Voraussetzungen können die Aufsätze von Amend-Traut und Hergenröder (Amend-Traut/Hergenröder ZEV 2019, 113 ff. m.w.N.) sowie von Medler (Medler ZEV 2020, 262 ff. m.w.N.) empfohlen werden.
Als Bezugsobjekt könnte zivilrechtlich zunächst eine Einordnung als Sache oder als Forderung in Betracht kommen. Dies ist nach herrschender Meinung in der Literatur aber nicht der Fall, da kryptografische Währungseinheiten keine eigentumsfähige Sachen i.S.d. §§ 90, 903 ff. BGB und keiner dinglichen Rechtsposition zugänglich sind (vgl. Engelhart/Klein MMR 2014, 355, 357; Schlund/Pongratz DStR 2018, 598; Amend-Traut/Hergenröder ZEV 2019, 113, 117; Medler, ZEV 2020, 262, 264). Die Qualifikation als Forderung scheitert daran, dass ein tauglicher Forderungsgegner aufgrund der dezentralen Struktur des Netzwerks fehlt (Schlund/Pongratz DStR 2018, 598, 600; Amend-Traut/Hergenröder ZEV 2019, 113, 117). Als vererbbares Bezugsobjekt werden von der h.M. die Zugangsdaten – hier der sog. Private Key – angesehen, der dem Erblasser eine faktische Verfügungsgewalt über seine Kryptowährung ermöglicht (Schlund/Pongratz DStR 2018, 598; Amend-Traut/Hergenröder ZEV 2019, 113, 117 m.w.N.; Medler ZEV 2020, 262, 264). Ohne diesen Schlüssel können Transaktionen durch den Nutzer nicht mehr vorgenommen werden. Geht der Private-Key verloren oder haben die Erben die Zugangsdaten nicht, kann die Kryptowährung verloren sein, da eine Wiederherstellung häufig nicht mehr möglich ist.
Wie die Gesamtrechtsnachfolge in den Private-Key erfolgt, hängt wiederrum vom Speicherort des Erblassers ab. Einerseits können der Private-Key in Verbindung mit der virtuellen Brieftasche auf einem psychisch verkörperten Medium gespeichert sein, wodurch die Daten mit dem Eigentumsübergang am psychischen Trägermedium gem. § 1922 BGB auf den bzw. die Erben übergehen (vgl. I. 1.; Amend-Traut/Hergenröder ZEV 2019, 113, 118 m.w.N.; Medler ZEV 2020, 262, 264). Gleiches gilt für den Fall, dass der Erblasser seinen privaten Schlüssel schriftlich in Papierform gesichert hat. Andererseits kann der Erblasser auch über eine virtuelle Brieftasche verfügen, die bei einem Dienstanbieter online hinterlegt ist (sog. Online-Wallet). Hier tritt der bzw. die Erben in die Vertragsbeziehungen mit dem Dienstanbieter ein (vgl. I. 2.). Welche Regelung im Rahmen einer digitalen Vorsorge und einer anwaltlich beratenden Tätigkeit in Betracht kommen, wird unter Ziffer III. erläutert.