Zusammenfassung
Hinweis:
Der zweiteilige Beitrag befasst sich mit den Fallstricken bei der Mieterhöhung, die im mietrechtlichen Mandat zu umgehen sind. Der Verfasser erläutert in diesem Beitrag (Teil 2) die Mieterhöhung nach durchgeführter Modernisierung gem. der §§ 559–559d BGB. Im bereits erschienenen Teil 1 (Caspers, ZAP F. 4, 2077) wurden die einzelnen rechtlichen Voraussetzungen der Mieterhöhung nach §§ 558–558e BGB behandelt.
I. Vorbemerkung
Die Möglichkeit des Vermieters, nach durchgeführten Modernisierungen den Mietzins um jährlich 8 % der für die jeweilige Wohnung konkret aufgewendeten Kosten zu erhöhen, führt häufig zu Streitigkeiten vor Gericht, da anders als bei der Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB eine wesentlich großzügigere Kappungsgrenze einzuhalten ist, sodass es nicht selten zu einer erheblichen Anhebung des Mietzinses kommen kann. Vor Gericht wird dabei an vielen Stellen über die Berechtigung einer sog. Modernisierungsmieterhöhung gestritten, wobei nicht selten auch über das Vorliegen eines Härtegrundes auf Seiten des Mieters Beweis erhoben werden muss. Die Folge einer streitigen Beendigung solcher Prozesse unter Nutzung des Instanzenzugs führt nicht selten zu sehr langen Verfahrensdauern und zu erheblichen Prozesskosten. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es daher für beide Parteien regelmäßig vorteilhaft, eine vergleichsweise Beendigung unter Aufgabe der jeweiligen Maximalpositionen zu erzielen.
II. Allgemeines
Neben der schon aufgrund der Privatautonomie geltenden und in § 557 Abs. 1 BGB spezialgesetzlich normierten, allgemeinen Mietanpassung und der Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB stellt die sog. Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB die dritte wichtige Säule der Mietpreiserhöhung im freifinanzierten Wohnungsbau dar (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2022, § 559 BGB Rn 1 [im Folgenden Futterer/Börstinghaus]). Ergänzt wird die Grundnorm des § 559 BGB von § 559a BGB, welche die Anrechnung von Förder- und Drittmitteln betrifft und im vorliegenden Beitrag unberücksichtigt bleibt. Weiter regelt § 559b BGB die erforderlichen Formalien zur Durchsetzung des Vermieteranspruchs und die Rechtsfolgen einer Mieterhöhungserklärung. § 559c BGB enthält sodann kleinere Erleichterungen für das sog. vereinfachte Verfahren und § 559d BGB enthält Beweiserleichterungen für spezielle Konstellationen und hat damit systematisch nichts mit dem Verfahren der Modernisierungsmieterhöhung im eigentlichen Sinne zu tun (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559 BGB Rn 1 hält demgemäß zu Recht die Einsortierung von § 559d BGB seitens des Gesetzgebers für verfehlt).
III. Normzweck und Anwendungsbereich
§ 559 BGB verfolgt über den privatrechtlichen Zweck der ausnahmsweise zulässigen Mietpreisanpassung im Wohnraummietrecht, zudem in mehrerer Hinsicht öffentlich-rechtliche Zwecke, wobei zwischen den einzelnen Gesetzeszwecken keine Rangfolge gelten soll (BeckOGK/Schindler, Stand: 1.1.2023, § 559 BGB Rn 9 [im Folgenden BeckOGK/Schindler]). Die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung liegt zum einen darin, dass bauliche Modernisierungsmaßnahmen eine wesentliche Stütze der Bauwirtschaft darstellen, sodass § 559 BGB insoweit wirtschaftspolitische Bedeutung zukommt. In wohnungspolitischer Hinsicht liegt die Bedeutung darin, dass für den einzelnen Vermieter im gesamtgesellschaftlichen Interesse ein Anreiz für die Verbesserung und Modernisierung vermieteter, älterer Wohnungen geschaffen wird (so bereits OLG Hamburg, Rechtsentscheid v. 14.5.1981 – 4 U 203/80, NJW 1981, 2820). Schließlich hat § 559 BGB auch eine umweltpolitische Bedeutung, da insb. energetische Modernisierungen seit der Mietrechtsänderung 2013 verstärkt privilegiert werden (BGH, Urt. v. 16.12.2020 – VIII ZR 367/18, NZM 2021, 297). Zu guter Letzt verfolgt § 559 BGB auch mieterschützende Aspekte, da die §§ 559 ff. BGB ein stark formalisiertes Verfahren vorsehen, an dessen Ende eine höhenmäßig begrenzte Mieterhöhung steht, sodass vermieterseits eben nur bei Einhaltung aller Voraussetzungen der §§ 559 ff. BGB eine Mieterhöhung verlangt werden kann (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559 BGB Rn 8).
IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften
§ 559 BGB ist insb. von § 555b BGB, § 558 BGB und § 557 BGB abzugrenzen.
1. Verhältnis zu §§ 555b–d BGB
§ 555b BGB und § 559 BGB sind korrespondierende Regelungen (BGH, Urt. v. 24.9.2008 – VIII ZR 275/07, NJW 2008, 3630), woran sich auch durch die Mietrechtsänderung aus 2013 nichts geändert hat. Bei der Verweisung auf § 555b BGB in § 559 BGB handelt es sich um eine echte Rechtsgrundverweisung im Rahmen einer zweistufigen Systematik: § 555b BGB betrifft die Erweiterung der Primärleistungspflicht des Vermieters und § 559 BGB regelt sodann die Möglichkeit einer darauf beruhenden Anpassung der Gegenleistungspflicht des Mieters, der Pflicht zur Mietzinszahlung (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559 BGB Rn 14). Eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB ist jedenfalls unabhängig davon möglich, ob eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung nach § 555c BGB vorliegt und ob der Mieter die jeweiligen Modernisierungsarbeiten nach §§ 555b, 555d...