I. Einleitung
Wer sich als Rechtsanwalt in eigener Sache selbst vertritt, ist regelmäßig schlecht beraten. Diese alte Weisheit kennen viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Hinter diesem Satz steckt die Erkenntnis der Betriebsblindheit in eigenen Rechtsangelegenheiten aufgrund persönlicher Betroffenheit. Eine ähnliche Betriebsblindheit lässt sich leider oft auch bei der Frage beobachten, ob das anzunehmende Mandat möglicherweise durch die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung der Kanzlei nicht gedeckt sein könnte. Dabei kann der Umfang einer potenziellen späteren Haftung zum Zeitpunkt der Mandatsannahme oft auch noch gar nicht erkennbar sein. Eine Fehleinschätzung kann im schlimmsten Fall jedoch zur Insolvenz des betroffenen Rechtsanwaltes führen. Umso wichtiger ist es daher, die Möglichkeiten der eigenen Haftungsbegrenzung vor Annahme eines Mandates mit hohem Haftungspotenzial genau zu prüfen. Gerade nach der Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) zum 1.8.2022 steht Rechtsanwälten diesbezüglich ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung. Sie sollten dieses Instrumentarium daher nutzen, denn die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit die Haftung der Anwaltschaft für die sog. Schlechterfüllung aus dem Anwaltsvertrag stetig ausgeweitet.
II. § 52 BRAO als Grundlage der Haftungsbegrenzung
1. Verpflichtung zur Vorhaltung einer Haftpflichtversicherung
Nach § 51 BRAO hat der Rechtsanwalt für etwaige Vermögensschäden seines Mandanten aufgrund anwaltlicher Schlechtleistung eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zu unterhalten. Deren Bestehen ist Voraussetzung der anwaltlichen Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO, womit sich Rechtsanwälte von anderen Rechtsdienstleitern insoweit wettbewerblich positiv abgrenzen. Auch Dritte können in diesen Schutzzweck einbezogen werden (BGH NJW 1993, 1139). Beim Einzelanwalt liegt dabei die Mindestversicherungssumme bei 250.000 EUR je Versicherungsfall, bei kleinen Berufsausübungsgesellschaften bei 1 Mio. EUR und bei größeren bereits bei 2,5 Mio. EUR (§ 59o Abs. 1, 2 BRAO). Die Haftung ist zudem durch die Versicherer regelmäßig auf das Vierfache der Mindestversicherungssumme im Jahr gedeckelt.
§ 52 Abs. 1 S. 1 BRAO erlaubt aus diesem Grund, dass der einzelne Rechtsanwalt oder nach § 52 Abs. 1 S. 2 BRAO die Berufsausübungsgesellschaft eine fahrlässige Schlechtleistung im Mandat beschränken kann.
2. Begrenzung des Versicherungsschutzes auf Vermögensschäden
Diese Begrenzungsmöglichkeit ist allerdings auf einen reinen Vermögensschaden des Mandanten begrenzt. Andere Schäden des Mandanten oder auch Dritter, etwa durch Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, sind nach § 823 BGB zu betrachten. Hier kommt ein Ausschluss etwaiger Ersatzpflichten nur über § 308 Nr. 7 BGB i.R.v. allgemeinen Mandatsbedingungen in Betracht. In solchen Fällen kommt zudem eine Einstandspflicht der anwaltlichen Vermögensschadenhaftpflicht grds. nicht in Betracht. Insoweit empfiehlt sich ohnehin stets der Abschluss einer zusätzlichen Bürohaftpflichtversicherung.
3. Begrenzung des Versicherungsschutzes auf anwaltliche Tätigkeiten
a) Abgrenzung anwaltlicher zu nicht anwaltlicher Tätigkeit
Voraussetzung für eine Haftung des Rechtsanwaltes – und damit Eintritt seiner Haftpflichtversicherung im Schadenfall – ist zudem, dass der Rechtsanwalt überhaupt anwaltlich tätig geworden ist. Auch dieses Problem wird bei Mandatsübernahme häufig übersehen oder ausgeblendet. Hier droht eine Versicherungslücke. Denn nicht alle Tätigkeiten, die heute üblicherweise durch Rechtsanwälte geleistet werden, entsprechen dem klassischen Anforderungsprofil des § 1 BRAO. Eine Übersicht „typischer” anwaltlicher Tätigkeiten bietet § 1 Abs. 2 RVG. Demnach unterfällt etwa der Verfahrenspfleger, der Testamentsvollstrecker, der Mediator oder der Insolvenzverwalter nicht automatisch dem Anwaltsberuf. Viele Vermögenschadenhaftpflichtversicherer haben zwar inzwischen auch diese Tätigkeiten in ihren Kanon der versicherten Leistungen für Rechtsanwälte zusätzlich aufgenommen (BRAK-Mitt. 1977, 160; Feuerich/Weyland/Böhnlein, BRAO, 9. Aufl. 2016, § 51 Rn 12). Dennoch empfiehlt sich hier eine Nachfrage, ob diese Tätigkeit auch im konkreten Fall abgesichert ist.
b) Ausnahmen der Haftungsbegrenzung trotz anwaltlicher Tätigkeit
Nicht durch eine Haftungsbegrenzung erfasst werden können zudem die Tätigkeitsbereiche, in denen der Rechtsanwalt einem Kontrahierungszwang unterfällt bzw. wo einer solcher abstrakt gegeben ist. Dies ist bei den Vorschriften der §§ 121 Abs. 5 ZPO, 78b, 78c, 625 ZPO oder den §§ 140, 141 StPO der Fall (Hensseler/Prütting, a.a.O., § 51a Rn 29 f.). Die Begründung hierfür lautet, dass es an der Abschlussfreiheit des Rechtsanwaltes und an der Zustimmung des Mandanten für die anwaltliche Vertretung fehlt.
c) Keine anwaltliche Tätigkeit bei sog. Nebentätigkeiten
Anders zu beurteilen sind allerdings die klassischen Fälle einer Nebentätigkeit eines Rechtsanwaltes oder einer Rechtsanwältin. Hierunter sind zu subsumieren die Tätigkeiten als Treuhänder, Verwalter oder in ähnlicher Funktion (Henssler/Prütting/Stobbe, BRAO, 4. Aufl. 2014, § 51 Rn 128). Gemäß § 20 AVB der Versicherungswirtschaft sind Schäden des Mandanten oder Dritter bei diesen Eigenschaften ausdrücklich von der Versicherungsleistung ausgenommen und können daher, mangels ureigenstem Bezug zur Tätigkeit als Rechtsanwalt, auch nicht über § 52 BRAO einer Haftungsbeschränkung zugeführt werden. Hier v...