1. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
a) Dienstwagen
Das unterhaltsrelevante Einkommen erhöht sich auch durch geldwerte Vorteile. Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur Verfügung, den er sowohl für private Zwecke als auch zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwenden darf, richtet sich – wie das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 1116 m. Anm. Born) konstatiert – der daraus folgende geldwerte Vorteil i.d.R. nach § 8 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. S. 2 EStG (sog. 1 %-Regel des inländischen Listenpreises des Pkw) für die Nutzung zu privaten Zwecken und nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG für die Fahrten zur Arbeitsstätte (i.H.v. 0,03 % des Bruttopreises). Das OLG berücksichtigt die Kosten für die Hin- und Rückfahrt zur Arbeitsstätte mit 0,42 EUR pro Entfernungskilometer.
b) Berücksichtigung von Mieteinkünften des Unterhaltspflichtigen
Das OLG Celle (FamRZ 2023, 1112) weist darauf hin, dass steuerliche Pauschalabschreibungen bei Einnahmen aus Vermietung bei Prüfung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen sind. Zins- und Tilgungsleistungen auf Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie sind bis zur Höhe der erzielten Mieteinnahmen abzusetzen. Eine Verrechnung überschießender Tilgungsleistungen für verschiedene Immobilien erfolgt indessen nicht (vgl. BGH FamRZ 2022, 434).
c) Obliegenheit zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
Einem eingeschränkt leistungsfähigen Unterhaltspflichtigen obliegt es, in zumutbarer Weise seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen, etwa durch Nebentätigkeit oder Einschränkung von Ausgaben. Das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 1709) nimmt zu einigen einschlägigen Fragen Stellung. Ein Verbot des Arbeitgebers, eine Nebentätigkeit auszuüben, ist grundsätzlich nur beachtlich, wenn betriebliche Interessen beeinträchtigt werden. Andernfalls kann bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit von dem Unterhaltspflichtigen verlangt werden, arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Erlaubnis zur Ausübung einer Nebentätigkeit zu ergreifen.
In Betracht kommt die Obliegenheit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Fahrt zur Arbeitsstelle statt Fahrten mit einem eigenen Auto. Dies ist nicht zumutbar, wenn dies einen Zeitaufwand von mehr als zwei Stunden verursacht und teilweise die Nachtzeit in Anspruch nimmt, während die Fahrt mit dem Pkw weniger als eine halbe Stunde dauert.
Hat der Unterhaltspflichtige Tilgungsleistungen aus der Inanspruchnahme eines Kredits für ein Eigenheim zurückzuführen, muss er sich zur Steigerung seiner Leitungsfähigkeit um die zeitliche Streckung eines solchen Kredits durch eine entsprechende Vereinbarung mit der kreditgebenden Bank bemühen.
2. Stufenmahnung
Nach § 1613 Abs. 1 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit bereits ab dem Auskunftsbegehren verlangt werden, welches mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs geltend gemacht wird.
a) Erlöschung nach Bezifferung
Das OLG Koblenz (FamRB 2023, 488 m. Hinw. Schneider) und das KG (FuR 2023, 601) stellen klar, dass die Möglichkeit nach einer Stufenmahnung den Unterhalt rückwirkend zu beziffern, mit der erstmaligen rückwirkenden Bezifferung erlischt. Nach der Funktion der Vorschrift darf der Unterhaltspflichtige nunmehr davon ausgehen, dass es bei dieser Unterhaltsforderung für die Vergangenheit verbleibt. Über diese Bezifferung hinausgehender Unterhalt kann dann regelmäßig nur für die Zukunft begehrt werden (vgl. BGH FamRZ 2013, 109).
b) Auswirkung auf den Altersvorsorgeunterhalt und den Mehrbedarf
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 2007, 193) tritt die Warnfunktion des Verzugs aufgrund eines Auskunftsbegehrens auch für den Altersvorsorgeunterhalt ein, auch wenn die Absicht ihn geltend machen zu wollen, nicht angedeutet worden war, da er gem. § 1578b Abs. 1 BGB und § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB zum gesamten Unterhalt gehört.
Dies trifft nach Auffassung des OLG Schleswig (FamRZ 2023, 1374 m. Anm. Born) nicht für den Mehrbedarf zu. Er sei als selbstständiger Teil anzusehen, da er nur dann bestehe, wenn er sachlich begründet sei. Soweit ein minderjähriges Kind neben dem Elementarunterhalt einen Mehrbedarf geltend macht, trifft die Warnfunktion nur dann ein, wenn mit dem Auskunftsersuchen neben dem Elementarunterhalt zugleich auf das Bestehen eines Mehrbedarfs hingewiesen wird. Dem Auskunftsbegehren muss entnommen werden können, welcher konkrete Unterhaltsanspruch verfolgt wird.
Sonderbedarf kann im Gegensatz zum regelmäßig anfallenden Mehrbedarf nach § 1613 Abs. 2 BGB auch ohne vorheriges Auskunftsbegehren für die Vergangenheit geltend gemacht werden.
3. Zulässigkeit erneuten Auskunftsbegehrens
Gemäß § 1605 Abs. 2 BGB kann erneute Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen des Unterhaltspflichtigen vor Ablauf von zwei Jahren nur dann verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat. Nimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil innerhalb dieser Frist einen Arbeitsplatzwechsel vor, verbunden mit der Stellung eines Dienstwagens, so spricht nach Auffassung des OLG Schleswig (FamRZ 2023, 1374) eine Vermutung dafür, dass sich die Einkünfte wesentlich erhöht haben. Eine in dieser Frist erfolgte Aufforderung zur Auskunftserteilung über die aktuellen Einkommensverhältnisse bewirkt dann den Eintritt de...