1. Grundrentenzuschlag
In Übereinstimmung mit dem Beschluss des BGH zu den Anrechten aus dem Grundrentenzuschlag (BGH FamRZ 2023, 761) haben auch die OLG Celle, Oldenburg und Düsseldorf (alle FamRZ 2023, 1017) entschieden, dass es sich beim Grundrentenzuschlag aufgrund von Entgeltpunkten für langjährig Versicherte um ein auszugleichendes Anrecht i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 VersAusglG handelt, wie sich aus § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ergibt (a.A. OLG Frankfurt a.M., FamRZ 2023, 1017). Er ist hinreichend verfestigt (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG), gesondert zu beurteilen und zu tenorieren.
Der BGH (FamRZ 2023, 1540 = NJW 2023, 3241 = MDR 2023, 1119 = FamRB 2023, 405 m. Hinw. Siede) stellt klar, dass die Grundrenten-Entgeltpunkte auch dann auszugleichen sind, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits eine Vollrente wegen Alters bezieht und es nach seinen aktuellen Verhältnissen zu einer Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI käme.
2. Fondsgebundene Rentenversicherung bei börsentäglicher Umschichtung
Nach allgemeiner Auffassung kann bei einer privaten fondsgebundenen Rentenversicherung die externe Teilung nicht durch Begründung eines Anrechts im Umfang der hälftigen Fondsanteile bei Ehezeitende erfolgen, wenn das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person ständigen Umschichtungen zwischen den verschiedenen Fonds durch die Fondsgesellschaft unterliegt.
Das OLG Karlsruhe (FamRZ 2023, 1018) weist darauf hin, dass es sich bei der Umschichtung der Fondsanteile nach dem Ehezeitende gleichwohl um eine nachehezeitliche Veränderung i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG handelt, die auf den Ehezeitanteil zurückwirkt und die demzufolge bei der Teilung zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch für einen nachträglichen Wertverlust.
3. Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Kalkulationen
Der BGH (FamRZ 2023, 1534 m. Anm. Siede =NJW 2023, 3154 = MDR 2023, 1251) hat die Auswirkungen der sog. Test-Achats-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Unzulässigkeit geschlechtsspezifischer Kalkulation von Prämien und Leistungen bei privaten Versicherungen auf die interne Teilung einer betrieblichen Direktversicherung erläutert. Gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht. Die Begründung des neuen Anrechts im Wege interner Teilung beruht auf einem richterlichen Gestaltungsakt und damit einem hoheitlichen Eingriff in das Versicherungsverhältnis. Der rechtliche Rahmen des Versorgungsausgleichs gebietet bei der internen Teilung wegen des Gebotes vergleichbarer Wertentwicklung (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG) für das neu begründete Anrecht keine Veränderung der für das geteilte Anrecht geltenden biometrischen Rechnungsgrundlagen und damit auch keinen Wechsel von einer im Einzelfall noch zulässigen geschlechtsspezifischen auf eine geschlechtsneutrale biometrische Kalkulation der mit dem Ausgleichwert zu finanzierenden Rente.
4. Ausgleichswert einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente
Bezieht die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht, so kann gem. § 20 Abs. 1 VersAusglG die ausgleichsberechtigte Person von ihr den Ausgleichswert als Rente (schuldrechtlicher Ausgleich) verlangen. Dieser Ausgleichswert bemisst sich nach einer Entscheidung des BGH (FamRZ 2023, 1279 m. Anm. Siede = NJW 2023, 3094 = MDR 2023, 1188 = FamRB 2023, 362 m. Hinw. Hauß) nach dem Ehezeitanteil der tatsächlich ausgezahlten Rente, auch derjenigen einer berufsständischen Versorgung, denn nach neuem Versorgungsausgleichsrecht ist der ehezeitliche Erwerb auf der Basis der jeweiligen Bezugsgröße auszugleichen. Daher bleibt eine Berücksichtigung des Zugangsfaktors ausgeschlossen. Wie bei der gesetzlichen Rente handelt es sich auch bei der berufsständischen Versorgung um ein unmittelbar zu bewertendes Anrecht, denn für die Höhe der laufenden Versorgung ist die Summe der entrichteten Beiträge bestimmend (§ 19 Abs. Nr. 4 VersAusglG).
5. Ehezeit bei langer Verfahrensaussetzung
Die im Versorgungsausgleich maßgebliche Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs. 1 VersAusglG). Das OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2023, 1361 = FamRB 2023, 323; in Abgrenzung zu BGH FamRZ 2017, 194) hat bei der Bestimmung der Ehezeit die lange Aussetzung des Scheidungsverfahrens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) berücksichtigt. Bei jahrelanger Aussetzung des Scheidungsverfahrens wegen Versöhnung der früheren Eheleute kann die maßgebliche Ehezeit ausnahmsweise über den Zeitpunkt der Zustellung des ersten Scheidungsantrags hinaus bis zur Zustellung eines „erneuten Scheidungsantrags” andauern.
6. Geringfügige Anrechte gleicher Art
Gemäß § 18 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen, ebenso wenig beiderseitige Anrechte gleicher Art, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Wie das OLG Karlsruhe (FamRZ 2023, 1633) darlegt, ist Ziel des § 18 VersAusglG vornehmlich durch den Verzicht auf die Teilung von k...