1. Gesteigerte Unterhaltspflicht
Grundsätzlich besteht keine Unterhaltspflicht soweit durch die Leistung der eigene angemessene Unterhalt gefährdet wird. Sind jedoch Eltern in dieser Lage ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, so haben sie gem. § 1605 Abs. 2 S. 1 BGB alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Zu der sich hieraus ergebenden Verpflichtung zum Einsatz ihrer Arbeitskraft hat der BGH (FamRZ 2014, 1993 m. Anm. Wolf = MDR 2014, 1196) erneut betont, dass vom Unterhaltsschuldner auch zu verlangen ist, dass er neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit ausübt.
Hinweis:
Dem Unterhaltsschuldner obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Möglichkeit und die Unzumutbarkeit der Nebentätigkeit.
2. Ausbildungsunterhalt
a) Obliegenheit des volljährigen Kindes
Die Eltern haben dem Kind eine seine seiner Begabung entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Dem steht die Obliegenheit des volljährigen Kindes gegenüber, die Ausbildung innerhalb angemessener Zeit planvoll und zielstrebig zu betreiben und den angestrebten Abschluss innerhalb angemessener Zeit mit der notwendigen Leistungsbereitschaft zu verfolgen.
Nach Auffassung des KG (FamRZ 2014, 1645 = FuR 2014, 540 – Bearb. Viefhues = FamRB 2014, 367 m. Hinw. Liceni-Kierstein) kann dies nur angenommen werden, wenn für die Unterrichtszeit mindestens 20 Wochenstunden aufgebracht werden.
b) Abbruch der Ausbildung
Der Unterhaltspflichtige schuldet nur eine berufliche Erstausbildung des Kindes. Ein Wechsel in der Ausbildung ist aber unterhaltsrechtlich unbedenklich, wenn er auf sachlichen Gründen beruht und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar ist. Jedem jungen Menschen ist zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat.
Hinsichtlich der Finanzierung eines Studiums ist nach Auffassung des OLG Brandenburg (FamRZ 2014, 1786) ein Studienwechsel allenfalls bis zum 3. Semester hinzunehmen, wenn keine besonderen etwa in einem Fehlverhalten der Eltern liegenden Umstände gegeben sind.
3. Verwirkung
Auch Ansprüche auf Kindesunterhalt können verwirkt werden, obwohl die Verjährung solcher Ansprüche gegenüber den Eltern bis zur Volljährigkeit des Kindes gehemmt ist. Die Grundsätze zur Verwirkung erfahren auch für titulierte Ansprüche auf Kindesunterhalt keine Einschränkung; ihre Durchsetzung mit Hilfe des Titels liegt eher näher (vgl. ZAP F. 11 R, S. 892).
Das OLG Braunschweig (FamRZ 2014, 1707) hat in einem Fall deutlich verspätet geltend gemachten Kindesunterhalts die Auffassung vertreten, dass der Schuldner nicht mehr mit einer fortdauernden Bedürftigkeit zu rechnen brauchte, weil die Kindesmutter nicht deutlich gemacht habe, sie unterlasse eine Vollstreckung nur weil hierfür keine Erfolgsaussicht bestehe.
Bereits das OLG Hamm (FamRB 2014, 403 m. Hinw. Liceni-Kierstein) hat rückständigen Kindesunterhalt als verwirkt erachtet, weil das Jugendamt als Beistand einen aufgelaufenen Rückstand über 2,5 Jahre nicht geltend gemacht hatte. Versäumnisse des Jugendamtes müsse sich das Kind zurechnen lassen.
4. Geltendmachung
Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern voneinander getrennt, ist umstritten, ob das Kind seinen Unterhaltsanspruch gem. §§ 1712 ff. BGB im eigenen Namen, vertreten durch einen Beistand, geltend machen kann oder gem. § 1629 Abs. 3 BGB nicht das Kind, sondern der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Beteiligter im Unterhaltsverfahren ist.
Das OLG Oldenburg (FamRZ 2014, 1652; so auch OLG Celle NJW-RR 2012, 1409; a.A. OLG Schleswig FamRZ 2014, 1712 = ZAP F. 1, S. 212 = ZAP EN-Nr. 713/2014; OLG Stuttgart JAmt 2007, 40; Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1713 Rn. 3) hat sich der Auffassung angeschlossen, dass § 1629 Abs. 3 BGB nicht verdrängt wird, weil das Kind aus dem elterlichen Konflikt herausgehalten werden soll.
5. Darlegungs- und Beweislast
Nach allgemeiner Auffassung trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Leistungsunfähigkeit zunächst den Unterhaltspflichtigen. Dies gilt grundsätzlich für sämtliche Umstände, die zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen können, insbesondere für das Fehlen einer realen Beschäftigungsmöglichkeit (vgl. BGH FamRZ 2014, 637) sowie für den Einwand der Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit. Der Unterhaltspflichtige hat konkrete Umstände ausreichend substantiiert vorzutragen und weiter darzulegen, dass er sich nachhaltig um Arbeitsmöglichkeiten bemüht hat.
Ob sich der Unterhaltspflichtige auf eine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit berufen kann, richtet sich nach § 1603 Abs. 1 und 2 BGB. In die Prüfung sind nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte, in die grundsätzlich auch fiktiv erzielbare Nebenverdienste einzubeziehen sind, zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltspflichtige eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte (vgl. BGH FamRZ 2014, 637).
Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ist das Familiengericht gehalten, ein in Betracht kommendes ...